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Ziehrer, Karl Michael Ziehrer, Karl Michael
pflegte. Ader der junge Mann brauchte
lange, um durchzudringen, und hatte
wahrhaftig einen Kampf ums Dasein zu
bestehen, trotz aller Hilfe und Unter»
stühung, welche ihm der Verleger Karl
H a s l i n g e r in aufopferndster Weise
zutheil werden ließ. Derselbe war lange
Zeit der Verleger der Wiener Walzer
könige Vater und Söhne Strauß. Als
aber Letztere mit ihren wachsenden Er-
folgen — Anfangs der Sechziger>Iahre
— höhere Honoraransprüche stellten,
glaubte er dieselben ablehnen zu müssen.
Sofort knüpften Gebrüder Strauß ihre
frühere Verbindung mit der Musicalien-
Handlung C. A. Spina an, und nun ging
Haslinger auf Suche nach einem Con»
currenten. Er griff nach einem Schüler
des Professors Em. H a s e l , einem
jungen Manne, der recht fertig Clavier
. spielte und auch einige Compositionen
zu Papier gebracht hatte. Dieser junge
Mann war K. M. Ziehrer. Haslin«
ger nahm sich seines Schützlings in
geradezu aufopfernder Weise an, ließ es
von dessen erstem Auftreten im Diana»
saale angefangen an Reclamen und was
sonst denselben fördern konnte, nicht
fehlen, ohne jedoch sein vorgestecktes Ziel
zu erreichen. Im Jahre 1863 erschien
bei Haslinger Ziehrer's erste Tanz»
composition mit dem Titel: „Wiener
Flllizllrisell", und er veröffentlichte deren
nahezu bis zum zweiten Hundert; aber
nach Haslinger's Tode mußte die
Verlagshandlung doch die Herausgabe
weiterer Ziehrer'schen Compositionen
aus commerciellen Gründen einstellen.
Indessen fuhr der Componist fort, durch
öffentliche Concerte sich ein Publicum zu
gewinnen. Aber er konnte sich immer
nur kurze Zeit in öffentlichen Belusti»
gungsorten behaupten, die Gebrüder
Strauß hatten den Vorzug des er- erbten Namens und der Gewohnheits-
liebe des Publicums. Nach großen pecu»
niären Opfern, die er seiner Capelle ge«
bracht, trat er zunächst als Capellmeister
in das Negiment Gondrecourt Nr. 63,
bildete aber wieder, als dasselbe Wien
verließ, eine Civilcapelle. Doch auch mit
dieser hatte es keinen Bestand, und er
nahm neuerdings als Capellmeister im
Regimente Knebel Nr. 76 Dienste, bis
im Frühling 1878 die Capelle Strauß
vacant wurde, indem sich dieser ein an>
deres beweglicheres Orchester zusammen^
stellte, worauf sich das leitende Comits
der aufgelassenen Capelle Ziehrer als
Dirigenten erwählte. Nun trat er mit
derselben Concertreisen an und spielte in
Pefth, Bukarest, Odessa, Conftantinostel
und anderen Orten. I n Bukarest, wo er
1879 vor dem Hofe concertirte, wurde
er zum rumänischen Hofcapellmeister er-
nannt. Seit 1883 ist er auch Capell»
meister des Regimentes Hoch' und
Deutschmeister Nr. 4, das seinen Stab.
und Hauptwerbbezirk in Wien hat. Die
Zahl seiner Compositionen hat schon eine
ansehnliche Höhe erreicht, sie übersteigt
die Nummer 400 und besteht aus Wal-
zern, Quadrillen, Polkas, Märschen,
Ouvertüren u. s. w. Von den Walzern
lind einige, aber doch verhältnißmäßig
sehr wenige populär geworden, wir nen-
nen: „Nie Zagerm". „Nie Nudaligheimerin",
ümsel Aebermuth", „Hut ihm 5chun"
0p. 100, „Ner Walzer der Kaiserin"
(Nr. 177), „Ver Himmel nnller Geigen".
„Wienerisch". Auch in der Operette hat
er sich versucht und deren einige geschrie«
ben: „6kllplltlü", in Gemeinschaft mit
Richard Genöe, welche in der ehe-
maligen komischen Oper zur Aufführung
gelangte, ohne jedoch sich auf dem Re«
pertoire zu erhalten; besser glückte es
ihm mit „König Jerame", und dann schrieb
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Zichy-Zyka, Band 60
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Zichy-Zyka
- Band
- 60
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 430
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon