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f, Karl Zin)endorf^ Karl
kaiserlich österreichischen Hofes. Nun
schiffte er sich wieder ein, segelte nach
England, besuchte Schottland und lernte
auf dieser Fahrt Hume und Robert-
son kennen, dann ging er über Frank»
reich, nachdem er noch die Normandie
und Bretagne bereist hatte, nach den
Niederlanden und Holland. Im Jahre
4770 begab er sich über Göttingen, Han»
nover und Hamburg nach Berlin, wo er
in Sanssouci dem Könige vorgestellt
wurde, ging dann nach Mergentheim,
wo er den Ritterschlag des deutschen
Ordens empfing, und kehrte nun nach
Wien zurück. Im letztgenannten Jahre
zum Hofrath befördert, bereiste er in
dieser Eigenschaft 1771 und 1772 die
deutschen und ungarischen Erblande,
worauf er nach seiner Rückkunft die
Würde eines k. k. geheimen Rathes er-
hielt. Im Jahre 1774 ward ihm der
Auftrag, Galizien und die Bukowina zu
bereisen, und von da aus setzte er seine
Commercialreisen nach Warschau, Mos-
kau, Petersburg, Stockholm, Kopenhagen
und Hamburg fort. Von Stockholm aus
besuchte er die Kupfer« und Eisenwerke
zu Dannemora und Fahlun, die See-
Häfen Gefle und Karlskrona und meh-
rere in naturgeschichtlicher und wissen-
schaftlicher Hinsicht merkwürdige Gegen-
den. I n Upsala suchte er auch den
großen Naturforscher s inn 6 auf. 1776
wurde er zum Gouverneur, Civilhaupt«
mann und Militärcommandanten der
Stadt und des Seehafens Trieft er-
nannt. 1782 berief ihn Kaiser I o>
seph I I . nach Wien und verlieh ihm
am 8. April dieses Jahres die Stelle
eines Präsidenten der Rechnungs'Hof»
kammer und der Steuerregulirungs»
Hofcommisston. I n dieser Eigenschaft
war der Graf in verdienstvollster Weise
ein Iahrzchent thätig, bis ihn 1792
v. Würz back. biogr. Lerikon. I^X. sOedr. Kaiser Franz zum Staatsminister des
inneren Staatsrathes und am 30. Jän^
ner 1800 zum niederösterreichischen Land-
marschall ernannte. Am 42. April 1801
erhielt er bei dem Hoch- und Deutsch-
meister-Orden die Stelle eitles wirklichen
Landcomthurs der Ballei Oesterreich.
Am 7. Juni 1803 vom Kaiser zum diri-
girenden Staats« und Conferenzminister
erhoben, blieb er in dieser Stellung bis
zum Jahre 1809, in welchem eine Ver-
anderung des geheimen Staatsrathes
vorgenommen wurde. Obwohl von
zartem Körperbau und schwacher Ge-
sundheit, welche bei seinen angestrengten
Geschäften und früheren vielen Reisen
nicht gerade Förderung fand, erreichte
er doch das Alter von 74 Jahren.
Zinzendorf zählt zu den Staats-
männern der theresianisch-josephinischen
Periode, welche sich durch großes
Pflichtgefühl und volles Bewußtsein
des Staatszweckes kennzeichnen. Seine
Kenntnisse hatte er auf den vielen Reisen
— denn außer der Türkei hatte er ganz
Europa besucht und mit offenem Blick
alle bürgerlichen, stadtlichen und com»
merciellen Verhältnisse sorgfältig studirt
— ungemein und nach den verschieden»
artigsten Richtungen bereichert und sich
einen klaren unbefangenen Blick in den
verschiedensten Lebenslagen bewahrt. Er
schätzte Wissen und Wissenschaft hoch
und stand mit ausgezeichneten Gelehrten
in beständigem Briefwechsel. Durch und
durch Aristokrat, war er auch darauf be-
dacht, unter den Edeln wirklich der edelste
zu sein. Von frühester Jugend an ein
thatenreiches Leben gewöhnt, führte er
nicht nur ein ausführliches Tagebuch über
seine ganze Thätigkeit, sondern machte
auch Aufzeichnungen über die großen
Ereignisse der Zeit, in der er lebte, und
schrieb, unterstützt durch die reichen und
20. Febr. 189l.) 1 l
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Zichy-Zyka, Band 60
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Zichy-Zyka
- Band
- 60
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 430
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon