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Zirksena-Nietberg H79 <Zirksena-Nietberg
politischen und wirthschaftlichen Zustände in
Polen. sDas geistige Wien. Mitthei«
lungm über die in Wien lebenden Aichi«
tecten. Bildhauer und Schriftsteller. Heraus-
gegeben von Ludwig Eisenberg und
Richard Groner (Wien j890, Brockhausen,
br. l2".) 2. 248.)
Zirksena-Rietberg, Maria Prinzessin
(Mutter des Fürsten Staatskanzlers
Wenzel Kaunitz, geb. 1683, gest. in
Wien 1738). Die Mutter eines der
größten Staatsmänner, nicht bloß Oester»
reichs, sondern des 18. Jahrhunderts,
mit der großen Mar ia Theresia zu<
gleich 'Mitgründers des Großstaates
Oesterreich, war eine der merkwürdigsten
Frauen, und sollen ihre außerordentlichen
Eigenschaften sich auf ihren großen Sohn
vererbt haben. Mar ie oder wie sie nach
ihrem ganzen Namen heißt: Mar ia
Ernestina Francisca, entstammte
dem ostfriesischen Geschlechte der Zirk-
sena » R ie tbe rg . Früh wurde sie
mutterlos und kam somit zur Erziehung
in das Clarissinenklofter bei Meppen, in
welchem ihre Muhme Aebtissin war. Im
Alter von 13 Jahren maß sie fünf rhei-
nische Fuß, das goldblonde leicht gelockte
Haar trug sie mähnenartig Herabwal»
lend, ihr Teint war blendend weiß, ihre
Wangen sanft geröthet. Sie besaß eine
außergewöhnliche Körperkraft, von der
sie bei verschiedenen Gelegenheiten aus-
giebigen Gebrauch machte. Sie war im
Fechten, Schwimmen, Reiten, Schlitt»
schuhlaufen, Rudern, Segeln und
Steuern ausgezeichnet erfahren, dabei
wissenschaftlich gut unterrichtet und doch
echt weiblichen Gemüthes. Im Kloster
erhielt sie eine treffliche Ausbildung und
da
sie
schnell heranwuchs, wurde sie
schon
1697, kaum 44jährig, mit dem um drei
Jahre älteren Max Ulrich Grafen
Kaunitz verlobt. 1696 brachte sie ihr
Vater Ferdinand Maximi l ian Fürst von Ostfriesland in ein Prager Kloster,
wo es aber der „jungen friesischen Katze",
wie man sie dort nannte, ganz und gar
nicht gefiel, was zu manchen unliebsamen
Scenen Anlaß gab. Die Nonnen besaßen
weder eine dem begabten Kinde impo-
nirende wissenschaftliche Bildung, noch
die zur Zeitung des eigenartigen Mäd<
chens nothwendigen pädagogischen Fähig»
keiten. Mit der Oberin und mit dem
Beichtvater gerieth sie infolge dessen bald
in Streit, und als sie eines Tages ge»
radezu erklärte: die Ovidischen Meta»
morphosen erschienen ihr denn doch
besser, wenn auch nicht glaubwürdiger
als gewisse Legenden, so erschien dies
ihren Vorgesetzten doch zu arg, man be>
legte sie mit im Kloster üblichen Strafen
und einmal mußte sie vierzehn Tage
hintereinander, jedesmal eine halbe
Stunde Nachts zwischen zwölf und ein
Uhr allein im Klostergewölbe beten!!
Sie nahm dabei ein handfestes dolch
artiges Messer und eine kurze Leder
peitsche mit sich zum Schutze gegen die
Ratten und befand sich übrigens ganz
wohl, so daß alle derartigen Versuche,
das beherzte Friesenmädchen „gruseln"
zu machen, mißlangen. Da führte im
Frühjahr 1697 „die friesische Katze" ein
Stückchen aus, womit sie großes Ent-
setzen unter den Nonnen hervorrief. Sie
knüpfte nämlich mit einem Faden hinten
die Röcke der eifrig auf der Straße
schwatzenden Klosterfrauen zusammen
und hatte an der Scene, welche zum
Labsal der Passanten, als die Kloster-
rauen auseinander gehen wollten, sich
abspielte, eine herzliche Freude. „Dir
wird ein kräftiger Birkenthee, gut thun,
Du sollst die Englein im Himmel fingen
hören und selbst köstlich mitsingen", sagte
in ihrer Entrüstung die Oberin zu
Maria. Also Ruthenstreiche! An diese
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Zichy-Zyka, Band 60
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Zichy-Zyka
- Band
- 60
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 430
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon