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Zsedvnyi 277 Zsedenyi,
als ein Eingriff in die durch daS Gesetz
gewährleistete Autonomie der evangeli-
schen Kirche angesehen, dadurch aber
eine mächtige Bewegung hervorgerufen
wurde, welche dann den Ausgangspunkt
der späteren Demonstration für die Ver»
faffung bildete. Nun trat er an die
Spitze der Bewegung und erklärte un»
verhohlen, für seine Kirche selbst mit den
Waffen in der Hand einzutreten.
Dafür ward ihm auch der Proceß ge»
macht und er zu achtmonatlichem Ge>
fangniß und Verlust seiner Hofraths«
pension verurtheilt. Nach Erlaß des
OctoberdiplomS finden wir auch Zse>
d 6 nyi unter den Begnadigten, und mit
seinem Gesinnungsgenossen Nicolaus
Baron Vay wurde er an die Spitze der
ungarischen Hofkanzlei berufen, aus
welcher Stellung er nach Auflösung deS
1861er Landtages schied. 1865 trat er
wieder ins öffentliche Leben und nahm das
Mandat des Georgenberger Wahlbezirkes
im Zipser Comitat in den ungarischen
Reichstag an, das ihm von nun an kein
Gegner streitig machte. Er gehörte zu
den maßgebenden Mitgliedern der Deä.k«
Partei, sawie zu den Mitgliedern der
Finanzcommission des ungarischen Ab«
geordnetenhaufes. 4873 wurde, er als
der consequente Vertreter des Sparsam«
keitSprincips zum Präsidenten dieser
Commission erwählt, und daß diese Wahl
gerade auf ihn fiel, war damals nicht
ohne politische Bedeutung. Wenige Wo»
chen vor seinem im Alter von 76 Jahren
erfolgten Tode, am 22. Jänner 1879,
vräsidirte er noch in jener Commission.
Er war, als er aus dem Leben schied, der
Nestor des ungarischen Parlaments. Ein
halbes Jahrhundert stand er in bewegten
Tagen immer im Vordergrund. Die
Meinungen über ihn sind, je nach dem
Standpunkt der Parteien, getheilt. Aber glänzende Begabung, umfassendes Wis<
sen, seltene Energie des Willens und
Handelns, verbunden mit wirklichem
Patriotismus, sind ihm nicht abzustreiten.
Eine seiner hervorragendsten Eigenschaf
ten war die Sparsamkeit, nur für wohl«
thätige, besonders kirchliche Zwecke opferte
er jährlich Tausende. Er soll ein Ver»
mögen von drei Millionen hinterlassen
haben. Zöedönyi war nicht von hoher
Geburt, befaß nicht mächtige Familien»
Verbindungen, er war aber selbst eine
Macht, die er durch eigene Kraft und
durch rastlose eiserne Arbeit erworben
hatte und geltend machte. Bis zu seinem
Tode bekleidete er das Amt eines Ge-
neralinspectorS der evangelischen Kirche
augsburgischer Confesfion in Ungarn.
Die freilich aus seiner ersten Zeit von
Albert Hugo in dessen „Neuem Cro«
quis" entworfene Charakteristik des Par»
lamentariers Zsedönyi, welche aber
auch für seine spätere Zeit, nur mit noch
intensiveren Farben, Geltung behielt,
wird durch die in der Schrift „Ungarns
politische Chataktere. Gezeichnet von
F. R." stark abgeschwächt, und letztere
dürfte bei einem Gesammtbild unseres
Staatsmannes doch auch in Betracht zu
ziehen sein.
Nneüen. Allgemeine Zeitung, 23. Fe«
bruar 1879, Nr. 22: „Oesterreichtsch'unga»
rische Monarchie". — Diese lbe (Augs«
bürg, Cotta. 4".) 1, November 5379.
Nr. 395: „Pefth 29. Octoder". — Borbis
(Johannes). Die evaKgelisch-lutheriMe Kirche
Wrgarns in ihrer geschichtlichen Entwickelung
u. s. w. Mit einer Vorrede von Dr. lkso!,
Chr. Ernst Lutharot (Nörolingen 1861.
H. C. Beck, gr. 8<>.) S. 313. 314. 338. 383
337. 401. 423. 483. — Helfert (Hos. Alex.
Freih. v.). Die Thronbesteigung des Kaifers
Franz Joseph I. (Prag 1872. Tempsk?, gr. 8».)
S. 73, Anhang S. 72, Anmerkung 43. —
Hugo (Albert). Neuer Croquis aus Ungarn
(Leipzig 1344. Hirjchfelo. kl. 8«.) Bd. I I ,
S. 98. 230 — 233. — I l luf t r i r te Zei.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Zichy-Zyka, Band 60
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Zichy-Zyka
- Band
- 60
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 430
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon