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vom 07.06.2022, aktuelle Version,

Mondseekultur

Die Mondseekultur ist eine archäologische Kultur der späten Jungsteinzeit, die von etwa 3800 bis 3300 v. Chr. im Salzkammergut und angrenzenden Gebieten existierte.

Die Fundstellen am Mondsee und Attersee gehören seit 2011 zum grenzübergreifenden UNESCO-Welterbestätte Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen.

Tasse mit Furchenstich

Forschungsgeschichte

Die Entdeckung der Mondseekultur ist dem Archäologen Matthäus Much zu verdanken. In den Jahren 1870 bis 1872 förderte dieser im Mondsee Reste von vorgeschichtlichen Pfahlbauten zutage. Bei den Freilegungen dieser Fundplätze fand Much reiche Überreste der materiellen Kultur. In Zusammenarbeit mit Moriz Hoernes wurden die Siedlungen und das Fundgut in das regionale Spätneolithikum bzw. Äneolithikum datiert. Anlass dafür gaben Untersuchungen der Keramik und Kupferfunde. Die Entdeckungen wurden allerdings erst 1927 von Leonhard Franz und Josef Weninger publiziert. Der Prähistoriker Paul Reinecke war davon überzeugt, dass die Mondseekultur in Zusammenhang zur Altheimer Gruppe zu stellen sei, da sich beide Gruppen in den spätneolithischen Kulturkreis einfügen. Unterstützt wurde dieser durch den Wiener Prähistoriker Richard Pittioni. Ihm fiel eine Verwandtschaft zu Elementen der Trichterbecherkultur auf, was ihn wiederum annehmen ließ, dass beide Gruppen sich aus dieser heraus entwickelten.

Dem entgegen stand die Meinung von Jürgen Driehaus, der im Jahre 1960 die Altheimer Gruppe dem Kulturkomplex seines „Nordalpinen Kreises“ im Jungneolithikum zuordnete. Die Mondseekultur hingegen gehöre nicht dazu und sei jünger als die Altheimer Gruppe, woraus sich die Konsequenz einer endneolithischen Zeitstellung ergäbe. Lediglich die Anfänge überschneiden sich mit dem Ende von Altheim im Jungneolithikum. Indizien dafür sah Driehaus u. a. in den Furchstich- und der Kerbleistenkeramiken des Salzburger Landes. Seine hypothetische Datierung fand später bei dem deutschen Prähistoriker Hermann Müller-Karpe Anklang. Es war Kurt Willvonseder, der es sich in den Jahren 1963 bis 1968 zur Aufgabe machte, die Mondseekultur in ihrem Gesamtbestand des ihm vorliegenden Materials zu erfassen und zu ordnen. Angelehnt an R. Pittioni nahm er seine Unterscheidung anhand der Kupferfunde vor. Er unterteilte sie in vier verschiedene Formengruppen, die sich periodisch folgend, vom Äneolithikum bis in die Urnenfelderkultur erstreckten. Bei ihm entwickelte sich die Mondseekultur in Oberösterreich aus der Münchshöfener Kultur heraus und lässt Einflüsse der mährisch-niederösterreichischen Trichterbecherkultur erkennen. Die Verzierungstechnik des keramischen Furchenstichs gelangte in einer späteren Phase, mitsamt ersten Metallimporten aus den östlich gelegenen Gebieten in die Region des Salzkammerguts.

Die neuere Forschung basiert auf den Forschungen P. Reineckes und R. Pittionis. Sie ordnet der Mondseekultur eine Zeitstellung im Jungneolithikum zu und sieht einen engen Zusammenhang zur Altheimer Gruppe. Die Ablösung der Mondseekultur durch andere Keramikformen wird mit der Station Misling II am Attersee angezeigt, die typisch endneolithische Gefäße verbunden mit einem entsprechenden 14C-Datum um 3000 v. Chr. aufweist.[1]

Materielle Kultur

Eine Leitform der Mondseekeramik ist der verzierte und unverzierte Henkelkrug. Dieser besitzt häufig eine birnenartige Form und einen langen bandförmigen Henkel. Manchmal ist Letzterer über den Mundsaum des Gefäßes emporgezogen. Neben dem Krug sind auch Tassen und tonnenförmige oder doppelkonische Henkelbecher für die Keramik der Mondseekultur typisch. Das Charakteristische sind allerdings nicht die Gefäßformen. Der sog. Mondsee-Typus zeichnet sich durch die Art und Weise des aufgetragenen Dekors und seiner Elemente aus. Es finden sich geglättete, hart bis mäßig gut gebrannte Tonüberreste. Auf dieser Grundlage aufbauend, besaßen die Gefäße eine graue bis schwarze Farbe. Auffällig in endneolithischer und frühbronzezeitlicher Zeit sind nun die weißen Ornamentmuster der Gefäße. Die Verzierungen wurden tief eingestochen, um sie mit Kalkinkrustation zu füllen.[2][3] Es handelt sich hierbei um ein Gemisch aus kristallinem, kohlensauren Kalk (Kalkspat), weißer Bergkreide aus den nahegelegenen mitterweißenbacher Kreidebrüchen und abgelöschtem Kalk. Um den Zusammenhalt dieses Gemenges zu sichern, verwendete man gebrannte Knochenasche als Bindemittel. Diese Erkenntnis basiert auf Untersuchungen des Archäologen Matthäus Much. Bei den Inkrustationen bildeten umlaufende Linienbänder mit hängenden oder stehenden Dreiecken (z. T. schraffiert) und rundlichen Einstempelungen häufig das Halsmuster der Objekte. Außerdem treten Punktreihen und konzentrische Kreise mit oder ohne Radialstricheln auf. Im Bauchbereich verwendete man ein so genanntes Sonnenmuster. Dies fand man gelegentlich auch mit schraffierten Dreiecken verziert. Weiterhin sind Voluten aus Leiterband und linienbandkeramische Bogenhaken und Girlanden belegt. Neben diesen Mustern zierte ein aus der Lengyel-Kultur bekanntes Motiv von ineinander gesetzten Winkelhaken die Gefäße.

Zum Steinschmuck zählen Steinperlen und Steinscheiben mit konischer Oberseite und v-förmiger Lochung auf der Unterseite (2 bis 5 cm im Durchmesser). Die Steinperlen, weisen unterschiedliche Formen und Größen auf (2 bis 10 mm). Es gibt olivenförmige, doppelkonische, zylindrische, ovale und scheibenförmige. Rohmaterial und Halbfabrikate finden sich ebenfalls im Fundmaterial. Das Rohmaterial besteht aus Bergkristall, Geröllen, Graphit, Rötel, und fossiler Kohle. Steingeräte sind Klopf-, Schleif- und Kochsteine, Netzsenker und Reibplatten.

Die Kupfer- und Bronzeinventare der Mondseekultur waren reich an Funden. U.a. fand man eine Vielzahl an Schmelzschalen, Gussformen und Gusstropfen, was auf eine Tätigkeit der Herstellung von metallenen Werkzeugen schließen lässt. Zu den wichtigsten Funden zählen Flachbeile des Typus Altheim und Vinca. Zudem barg man Griffplattendolche, Pfrieme (mit vierkantigem Querschnitt), kleine Spiralrosetten und ebenfalls kleine Messerklingen. Letztere weisen eine konvexe Schneide auf. Die Forschung geht davon aus, dass die Mondseekultur in einen Zusammenhang mit der ostalpinen Kupfergewinnung zu stellen ist. Diese Hypothese wird durch eine metallurgische Untersuchung der Flachbeile gestützt. Ihr Arsengehalt weist auf das nahe der Salzkammergutseen gelegene Kupferabbaugebiet des Mitterberges hin. Ob die Mondseekultur allerdings an dem Abbau beteiligt war, ist nicht vollständig geklärt. Eine Aktivität untertage wurde noch nicht nachgewiesen.

Datierung

Kalibrierte Radiokohlenstoffdaten datieren die Mondseekultur von etwa 3770 v. Chr. bis 2260 ±90 v. Chr.[4][5][6]

Der Grund des abrupten Endes ist bisher nicht bekannt. Der deutsche Geoarchäologe Alexander Binsteiner entdeckte im Jahre 2008 am Schafberg nahe See am Mondsee Hinweise auf einen vorgeschichtlichen Bergsturz.[7] Dieser Bergsturz, dessen Schüttung heute Mondsee und Attersee trennt (Lauf der Seeache), könnte die Kultur in einem Binnentsunami ausgelöscht haben. Durch geschätzte 50–100 Mio. Kubikmeter Blockschutt dürfte der Seespiegel des Mondsee um zwei bis vier Meter gestiegen sein.[8][9]

Für etwa ein Jahrtausend waren die Seeufer von Mond- und Attersee wohl unbesiedelt. Erst aus der Frühbronzezeit gibt es wieder einige wenige Pfahlbauten, was auf zögerliche Wiederbesiedlung schließen lässt. Hier ist die 1977 durch Elisabeth Ruttkay ergrabene Station Abtsdorf und die daraus abgeleitete Attersee-Gruppe zu nennen. Anhand der Keramik ist eine Einstufung in die frühbronzezeitlichen Stufen A2/B1 nach Reinecke möglich.

Verbreitung

Die Mondsee-Gruppe war im ostalpinen Raum verbreitet. Dabei bilden der im oberösterreichischen Salzkammergut gelegene Mond- und Attersee das Kerngebiet. An den Uferbereichen der Seen fand der Archäologe Matthäus Much im Jahre 1871 ca. 20 Feuchtbodensiedlungen (sogenannte Pfahlbauten), welche durch spätere Landfunde, sowohl in Ober-, als auch im westlichen Niederösterreich und Landkreis Salzburg ergänzt wurden. Strittig ist der Siedlungsfund des oberbayrischen Auhögl bei Hammerau. Die jungneolithische Siedlung ist Teil eines Kulturkreises, der sich aus der Mondsee- und der benachbarten Altheimer Gruppe zusammensetzt. Der Fundort wird je nach Literatur unterschiedlich behandelt.

Fundorte

Orte von Pfahlbauresten[4][10] und anderen Fundgattungen:[11]

See am Mondsee, Litzlberg Süd und Abtsdorf III gehören zum UNESCO-Welterbe (und Abtsdorf I, das aber bronzezeitlich 1500–1000 datiert wird)

Literatur

  • Alexander Binsteiner, Erwin M. Ruprechtsberger: Mondsee-Kultur und Analyse der Silexartefakte von See am Mondsee. In: Linzer Arch. Forsch. Sonderheft 35. Linz 2006, S. 1–88.
  • Mondsee-Gruppe. In: Joachim Preuß (Hrsg.): Das Neolithikum in Mitteleuropa. Kulturen – Wirtschaft – Umwelt. Vom 6. bis 3. Jahrtausend v. u. Z. Übersicht zum Stand der Forschung. Beier & Beran, Weissbach, Band 2, Teil C Übersicht zu den Kulturen 1998, S. 75–78; u. Band 1–2, Teil B: Übersichten zum Stand und zu Problemen der archäologischen Forschung 1998 S. 344–350 (2. Aufl. 2008, Band 3 Kulturenübersicht, Karten, u. a. 1998 im Schuber, 2008 CD-ROM).
  • Elisabeth Ruttkay: Typologie und Chronologie der Mondsee-Gruppe. In: Das Mondseeland. Geschichte u. Kultur. Linz 1981, S. 269–294.
Commons: Mondseekultur  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Pfahlbauten. Tourismusverband Ferienregion Attersee - Salzkammergut (mit Abb. der Rekonstruktion im Heimathaus Schörfling)

Einzelnachweise

  1. Joachim Preuß (Hrsg.): Das Neolithikum in Mitteleuropa. Kulturen – Wirtschaft – Umwelt. Teil B: Übersichten zum Stand und zu Problemen der archäologischen Forschung. 1998, S. 344–350.
  2. Fritz Sauter, Kurt Rosmanith: Chemische Untersuchung von Inkrustationen in Mondseekeramik. In: Archaeologia Austriaca. H. 40. Wien 1967, S. 1–5 (Betrifft die Objekte aus Mondsee, Station See).
  3. Abbildung in: Geschichte der Keramiker. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Homepage der Wiener Keramiker. Landesinnung der selbständigen Hafner, Platten- und Fliesenleger und Keramikerunternehmen in Wien, archiviert vom Original am 22. Dezember 2007; abgerufen am 24. Oktober 2007.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kachelofen.or.at
  4. 1 2 3 Maximilian O. Baldia: Mondsee C14 Dates. (Nicht mehr online verfügbar.) comp-archaeology.org, 2001, archiviert vom Original am 11. Dezember 2007; abgerufen am 24. Oktober 2007 (englisch).
  5. Scharfling/Mondsee (VRI-311): C14-Datierung 4940 ±120 BP; Baldia Mondsee C14 Dates 2001
  6. Mondseekultur 4940–4310 BP Tab. 1 14-C Daten des Neolithikums und der Frühen Bronzezeit in Österreich. In: Herwig Friesinger, Walter Kutschera, Peter Stadler, Eva Wild: Absolute Chronology for Early Civilisations in Austria and Central Europe using 14C Dating with Accelerator Mass Spectrometry (Homepage). Projekt, QAM Quantitative Methoden in der Archäologie, 14C Theorie und Praxis, auf winserion.org.
  7. Alexander Binsteiner: Naturkatastrophe in den Alpen. Der Untergang der Mondseekultur. Archäologie online, 17. Dezember 2010, abgerufen am 10. November 2018.
  8. MondSeeLand: War der Ötzi auf Zwischenstopp im Mondseeland? (Nicht mehr online verfügbar.) In: im-salzkammergut.at → Mondseeland. 20. April 2010, archiviert vom Original am 23. April 2010; abgerufen am 8. November 2010 (mit zahlr. Abb).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.im-salzkammergut.at
  9. Matthias Schulz: Pompeji der Steinzeit. In: Der Spiegel. Nr. 41, 2008, S. 160–162 (online).
  10. 1 2 Eva Lenneis, Christine Neugebauer-Maresch, Elisabeth Ruttkay: Jungsteinzeit im Osten Österreichs. In: Forschungsberichte zur Ur- u. Frühgeschichte (= Wissenschaftliche Schriftenreihe Niederösterreich. Nr. 102/103/104/105). Nr. 17. Niederösterreichisches Pressehaus u. Verlagsgesellschaft, St. Pölten/Wien 1995, Tab. 1 Die uC-Daten zum Neolithikum und zur frühen Bronzezeit in Österreich, S. 210–224, S. 10 (univie.ac.at [PDF]).
  11. 1 2 3 Elisabeth Ruttkay: Archäologisches Fundmaterial aus den Stationen Abtsdorf I, Abtsdorf II und Weyregg I. In: Bundesdenkmalamt (Hrsg.): Fundberichte aus Österreich. Nr. 21, 1982. Wien 1983, ISBN 3-85028-127-2, S. 19–24 (BDA).
  12. Holzobjekt von Scharfling
  13. Feuchtbodensiedlung steht unter Denkmalschutz

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