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Suess, Eduard#

* 20. 8. 1831, London

† 26. 4. 1914, Wien


Geologe und Politiker


Eduard Suess
Eduard Suess. Lithographie, um 1900.
© Öst. Inst. f. Zeitgeschichte, Wien - Bildarchiv, für AEIOU

Eduard Suess wurde als zweites Kind des aus dem Vogtlande stammenden Theologen und späteren Geschäftsmannes Adolf Suess geboren. Nach der Übersiedelung der Familie nach Prag besuchte er dort das deutsche Gymnasium und studierte ab 1847 Technische Wissenschaften am Polytechnikum Wien.
Bereits während seiner Studienzeit entdeckte er sein Interesse an geologisch-paläontologischen Problemen und verfasste erste wissenschaftliche Arbeiten auf diesen Fachgebieten. Nach Abbruch seines Technikstudiums fand Suess Anstellung als Assistent in der Mineralogischen Abteilung des Wiener Hofmuseums. 1857 wurde er zum Professor für Paläontologie ernannt.


Zahlreiche Reisen im Auftrag des Wiener Museums erweiterten Suess’ Blickfeld und sein Verständnis für geologische Probleme. Aktivitäten bei der Verbesserung der Wasserversorgung Wiens und sein geschicktes Auftreten und Ausnutzen persönlicher Beziehungen ebneten ihm den Weg in die Kommunalpolitik der Stadt Wien und später in die Landespolitik. 1867 wurde er zum Ordentlichen Professor ernannt.


Im Gegensatz zu vielen seiner Fachkollegen, die die Geologie als "reine Wissenschaft" zum Zwecke der Naturerkenntnis betrieben, war Suess stets bemüht, sie dem technischen Fortschritt den Bedürfnissen der Zivilisation dienstbar zu machen.

Bereits als junger Ordinarius gab er 1862 mit seiner Schrift "Der Boden der Stadt Wien, nach seiner Bildungsweise, seiner Beschaffenheit und seinen Beziehungen zum bürgerlichen Leben" ein so plausibles Bild von den Beziehungen zwischen geologischem Bau und Kommunalwirtschaft, dass er in den Gemeinderat und zum Leiter der Wasserversorgungskommission gewählt wurde.

Das Projekt einer 112 km langen Fernwasserleitung für die sich rasch vergrößernde Stadt Wien, das Suess nach langen Kämpfen durchsetzen konnte, und die nach seinen Plänen 1873 eingeweihte Wasserversorgungsstraße machten seinen Namen und seine Fähigkeiten bei Regierungsstellen bekannt. So wurde er auch als Mitglied einer Kommission für die Regulierung der Donau im Stadtgebiet berufen und zu Studienzwecken für dieses Projekt an den eben fertiggestellten Suez-Kanal beordert. 1876 war das neue Donaubett fertiggestellt, das unter Verwendung der in Ägypten gesammelten Erfahrungen und der dort benutzten Technik bis heute mit Suess’ Namen in Verbindung gebracht wird.

Wenn Suess mit seinen kommunalwirtschaftlichen und ingenieurgeologischen Leistungen für die staatliche Beachtung, Förderung und Entwicklung der Geologie in der k. u. k. Monarchie bedeutende Verdienste erworben hat, so resultiert seine internationale Bedeutung und Anerkennung neben seinem Wirken als Hochschullehrer aus seinen beiden Hauptwerken "Die Entstehung der Alpen" und "Das Antlitz der Erde".

Eduard Suess, Sonderpostmarke
Sonderpostmarke, 75. Todestag von Prof. Eduard Suess, 26. April 1989
© Öst. Post

Im ersten zeichnete Suess ein neues Bild über Bau und Entstehung von Faltengebirgen, das im Gegensatz zu den bis dahin dominierenden Theorien einer einfachen vertikalen Hebung die horizontale Pressung als Ursache für die Auffaltung verantwortlich machte.

Als neue Erkenntnisse werden darin vor allem der Wechsel von Transgressionen und Regressionen (d.h. Anstieg bzw. Absinken der Meeresspiegel) in der Erdgeschichte, die Bedeutung des mesozoischen Tethys-Meeres, die Verbreitung kontinentaler Bruchzonen und der durch tangentialen Schub bewirkte Bau der großen Faltengebirge in das geologische Weltbild eingefügt. Geologie war. Auch führte Suess, neben den Begriffen Lithosphäre und Hydrosphäre, mit dieser Arbeit den Begriff der "Biosphäre" in die Wissenschaft ein.

Suess verstand es, durch seine kommunalpolitischen Projekte Einfluss auf die Staats- und Bildungspolitik zu erlangen und konnte damit der Geologie eine hohe allgemeinbildende und staatlich sanktionierte Position verschaffen. Mit seinem Hauptwerk "Das Antlitz der Erde" gab er ein lange Zeit gültiges Bild von der geologischen Entwicklung unseres Planeten, das in seiner Wirksamkeit auf Fachwissenschaftler und Laien den analogen Werken von Charles Lyell und Bernhard von Cotta gleichgesetzt werden kann.

In seinen letzten Lebensjahren schrieb er eine ausführliche Autobiographie, die ein interessantes Bild der politischen und wissenschaftspolitischen Zustände der österreichischen Monarchie in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts gibt.

Eduard Suess verstarb am 26. April 1914 an einer Lungenentzündung.


Das Lebenswerk von Suess, insbesondere seine Theorien über den tektonischen Bau Mitteleuropas, wurde von seinem Sohn Franz Eduard Suess in würdiger Weise fortgesetzt und vervollkommnet.

Weiterführendes#

Auszeichnungen, Ehrungen (Auswahl)#

  • Mitglied der Akademie der Wissenschaften, 1867
  • korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften,1880
  • "Wollaston-Medaille" der Geological Society of London für seine Verdienste um die Geologie, 1896
  • Ehrenbürgerschaft der Stadt Wien, für die Errichtung der 1. Wiener Hochquellwasserleitung (Büste beim Hochstrahlbrunnen am Wiener Schwarzenbergplatz)
  • Präsident der österreichischen Akademie der Wissenschaften (1898–1911)
  • nach Suess wurde der Suess-Gletscher in Viktorialand, südliche Antarktis, benannt

Werke (Auswahl)#

  • Über die Brachiopoden der Kössener Schichten, 1854
  • Der Boden der Stadt Wien, nach seiner Bildungsweise, seiner Beschaffenheit und seinen Beziehungen zum bürgerlichen Leben, Wien 1862
  • Die Entstehung der Alpen, Wien 1875
  • Das Antlitz der Erde, 3 Bde., Wien, Prag, Leipzig 1883-1909; 1904-1924
  • Erinnerungen. Autobiographie, Hrsg. Erhard Suess, Leipzig 1916
  • Über böhmische Graptolithen, in: Naturwiss. Abh. 4 (1851), 87-134

Literatur#

  • Neue Deutsche Biographie NDB, Bd. 9, S. 358
  • Diener, K.: Eduard Suess. Ein Bild seiner Tätigkeit als Naturforscher, in: Mitt. d. geol. Ges., 7 (1914), 1-23
  • Kühn, O.: Das Lebenswerk von Eduard Suess, dargestellt aus der Sicht des späteren Fachkollegen, in: Mitt. d. österreich. geol. Ges.. 74/75 (1981-1982), 7-16
  • Suess, Franz E.: Das Lebenswerk von Eduard Suess (Manuskript von 1931), in: Mitt. d. österreich. geol. Ges., 74/75 (1981-1982), 1-6
  • Alexander Tollmann, E. Kristan-Tollmann (Hrsg.): Eduard Suess – Forscher und Politiker. 1981
  • T. Cernajsek, "... hat durch bedeutende Leistungen ... das Wohl der Gemeinde mächtig gefördert." E. Suess und die Entwicklung Wiens zur modernen Großstadt, 1999



Redaktion: J. Sallachner


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