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Bauarchiv Kärnten (Hg.): Felix Orsini-Rosenberg 1929-2020 #

Bild 'Orsini'

Bauarchiv Kärnten (Hg.): Felix Orsini-Rosenberg 1929-2020. Mit Texten von Felix Orsini-Rosenberg, Fritz Breitfuss, Helmut Hempel, Klaus Holler, Axel Hubmann, Otto Kapfinger, Peter Nigst. Album Verlag Wien und Klagenfurt. 208 S., ill., € 25,-

Das "Bauarchiv Kärnten" wurde vor fünf Jahren gegründet. Der gemeinnützige Verein versteht sich als öffentlich zugängliche Forschungs- und Sammlungsstätte der Moderne in Kärnten. Seine vordringliche Aufgabe sieht er in der Sicherung und Bearbeitung von Vor- und Nachlässen. Architekt Dipl. Ing. Felix Orsini-Rosenberg hat ihm ein Jahr vor seinem Tod Material überlassen. Ihm ist der erste Band der neuen Schriftenreihe gewidmet.

Aus altem mitteleuropäischem Hochadel stammend, zählte. Felix Orsini-Rosenberg ("FOR") zu den prägendsten Personen Kärntens nach dem Zweiten Weltkrieg. Über den regionalen Bereich weit hinaus, verkörperte er einen "Orientierungspunkt" hinsichtlich kultureller Inhalte. Dazu zählten seine zehnjährige Tätigkeit in der Österreichischen Gesellschaft für Architektur und Publikationen. Der vorliegende Band stellt sein Wirken chronologisch vor. Er zeigt seine architektonische Entwicklung, die bei allem technischen Fortschritt stets den Menschen im Mittelpunkt hat. Im Rückblick wird klar, dass viele seiner Aussagen, Stellungnahmen und kritischen Kommentare fast prophetisch heutige Gegebenheiten vorwegnehmen oder deren Auswirkungen vorausahnten, schreibt der Bauarchiv-Obmann Peter Nigst.

Da Orsini Rosenbergs Vater in den 1930er Jahren Österreichischer Botschafter in Ljubljana, Den Haag und Kairo war, wuchs FOR als Kosmopolit auf. Der Familiensitz ist das aus dem 16. Jahrhundert stammende Kärntner Schloss Damtschach. Für diese Gemeinde entstand 1965 eines seiner ersten Projekte, der - nicht realisierte - Entwurf einer Volksschule. Ein Jahrzehnt später wurde nach seinen Ideen die Friedhofserweiterung samt Aufbahrungshalle durchgeführt. Entwurfsskizzen belegen, dass seine Aufmerksamkeit immer dem Umfeld des Schlosses und der Kärntner Landschaft überhaupt gegolten hat. 1970 veröffentlichte FOR das "Kärntner Zersiedelungsmanifest". In der "Kleinen Zeitung" schrieb er: Was ist Zersiedelung? Ein Blick vom Pyramidenkogel, eine Fahrt durch das Rosental kann es uns eindringlich erläutern. Häuschen am Straßenrand, Häuschen mitten im Acker, Häuschen auf der Kuppe, Häuschen sogar im Wald. Häuschen, Häuschen, Häuschen, wahllos hingestreut über Wald und Flur. Was dazwischen übrig bleibt, soll die viel gerühmte Kärntner Landschaft sein. Ein halbes Jahrhundert später ist die Thematik nicht nur nicht bewältigt, sondern es hat sich das Ausmaß der Landschaftszerstörung vervielfacht.

"Landschaft weiterdenken" nennt der frühere Landeskonservator Axel Hubmann das Bestreben des Architekten, wenn er schreibt: Das eingegrenzte Denken in vorgegebenen Kategorien war für Felix Orsini-Rosenberg niemals Option. Die Einbeziehung aller Bereiche von Kultur, Bauen, Architektur und Umwelt, eigentlich grenzenloses Denken, war sein Thema. Seinen Schlosspark, einen englischer Garten, hat FOR zu neuem Leben erweckt. Konsequent, behutsam bis radikal, setzte er Maßnahmen, um Verlorenes wieder zu gewinnen, erhalten Gebliebenes zu bewahren. Die betraf Pflanzen gleichermaßen wie Bauten", weiß der Denkmalpfleger. Schloss und Park wurden in Zusammenarbeit mit KünstlerInnen zum "Resonanzraum" für die Besucher eines vielfältigen Veranstaltungsprogramms. Mit Markus (Maler), Johanna (Schauspielerin) und Marie (Musikerin) organisiert Brigitte Orsini-Rosenberg seit den 1990er Jahren hier zeitgenössische literarische, musikalische und theatralische Events. Vor ihrer Hochzeit hatte sie hatte in Wien bei Oswald Haerdtl studiert und in Paris die Avantgarde der Moderne kennen gelernt.

Der Schlossherr hatte, nach seinem Studium an der TU Wien, in Basel bei einem der angesehensten Exponenten der Moderne in Mitteleuropa gearbeitet. Hermann Baur gearbeitet forcierte als führender Gestalter von Kirchen, Schulen und Krankenhäusern in der Schweiz die Integration zeitgenössischer Kunst in die sakrale Architektur. Von Basel fuhr FOR mit dem gelben Motorrad nach Ronchamp, wo eben die Wallfahrtskirche von Le Corbusier eröffnet wurde – ein Kulminationspunkt jener Aktivitäten zwischen "Kunst und Kirche“ , schreibt Otto Kapfinger, der das einleitende "Biographisches Stenogramm" verfasste. Es enthält die Lebens- und Wirkensstationen Orsini-Rosenbergs, wie Sekretär der Österreichischen Gesellschaft für Architektur, Mitbegründer des "Büro 21" in Klagenfurt, Sommerakademien in Salzburg, zahlreiche Neu- und Umbauten von Kirchen und temporäre Architektur katholischer Großevents wie Papstbesuch in Gurk, Katholikentag Klagenfurt, Kirchenvolksbegehren, Jubiläum "Wir sind Kirche".

Schon vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil, auf das die Neuordnung der Liturgie und damit der Umbau von Kirchenräumen zurückgehen, hatte sich FOR neben seinen sonstigen Projekten auf dieses Thema spezialisiert. 1955 entdeckte er das wegweisende Buch "Kunst und Kirche im XX. Jahrhundert" des Dominikaners Pie-Raymond Regamey. Ideale waren die "Entprächtigung" aller Strukturen, eine "arte povera" der bewussten Reduktion an Mitteln und Formen, um eine Erneuerung und Vitalisierung geistiger Substanz von den inhaltlichen Quellen her freizusetzen, weiß Otto Kapfinger: In den 50er Jahren auch die Begegnung mit der Pfarrkirche in Salzburg-Parsch, gestaltet von Arbeitsgruppe 4, – ein Umbau von traditioneller Altsubstanz in eine neue Raumfigur mit Einbeziehung moderner Kunst – Oskar Kokoschka, Josef Mikl….aber auch Wahrnehmung der frühen Reformbestrebungen in der Liturgie in Österreich, Öffnung kirchlicher Institutionen zur Avantgarde der Kunst, Galerie nächst St. Stephan, Monsignore Otto Mauer….Wahrnehmung der ersten Kapellen und "Notkirchen" in Wien von Ottokar Uhl… 1968 organisierte FOR die Tagung "Kunst und Kirche" in St. Georgen am Längsee…

Die Studie zu einer Campingkirche für 1000 Personen zählt ebenso zum selbst gewählten Aufgabenbereich des liturgischen Revolutionärs wie Entwürfe von Hauskapellen und kirchlichen Einrichtungen und zahlreiche konzilsgemäße Umgestaltungen von Sakralräumen. Sein letzter Kirchenbau war für die Evangelische Gemeinde in Gmünd in Kärnten eine extrem schlichte "Haus-Kirche" mit komplexen inhaltlichen raumtypologischen Facetten. Fritz Breitfuss, ehemaliger Leiter der Bauabteilung der Diözese Gurk, schrieb: Aufgeschlossen für die Moderne war Orsini-Rosenberg nie effekthascherisch modernistisch, … hielt in der Architektur an seinen Prinzipien fest, mit einer klaren Formensprache in enger Verbindung zu Material und Handwerk. Die Reduktion auf das Wesentliche bei gleichzeitigem Blick auf die Gestaltung und Funktion waren Koordinaten seiner Arbeit.

Otto Kapfinger charakterisierte den Architekten: FOR war zeitlebens und bis ins hohe Alter ein unangepasster "Freigeist", persönlich in Habitus und Komfort-Ansprüchen extrem bescheiden, – und zugleich geistig höchst anspruchsvoll, mit den herrschenden politischen und bürokratischen Instanzen immer auf Kriegsfuß, ein Schirmherr unaufdringlicher Art für Gleichgesinnte aus allen Kunstsparten.

hmw