Zach, Franz Xaver Freiherr von#
* 4. 6. 1754, Pest (Budapest)
† 2. 9. 1832, Paris
Astronom
Franz Xaver Freiherr von Zach war Initiator und Autor bedeutender astronomisch-geodätischer Arbeiten im 18. und 19. Jahrhundert. Zach zählt auch zu den ersten Forschern, denen die Verbreitung astronomischen Wissens für die Allgemeinheit am Herzen lag (z.B. der mit Christian Friedrich Goldbach herausgegebene Sternatlas).
Text aus "Fachlexikon Forscher und Erfinder", Nikol Verlag, Hamburg#
Leben und Arbeit
Zach war Sohn einer aus Preßburg (Bratislava) stammenden Arztfamilie, die 1765 den Adelstitel erhalten hatte. Er wuchs dennoch in einfachen Verhältnissen auf und erhielt einen Teil seiner Erziehung und Bildung in einem Jesuitenkonvent. Nach Bruch mit dem Orden trat er als Ing. und Offizier dem k. u. k. Heer bei und beteiligte sich an der österreichischen Gradmessung. In dieser Tätigkeit erwarb er an der Sternwarte Lemberg (Lwow) praktische astronomische Kenntnisse. Nach Quittierung des Dienstes nahm er im gleichen Ort für kurze Zeit eine Professur für Mechanik wahr (um 1782).
Nach einer Italienreise ergänzte er 1783 bei J. J. Lalande und P. S. Laplace seine theoretische Ausbildung, übersiedelte aber noch im gleichen Jahr nach London. Dort wurde Zach Hofmeister und Erzieher beim sächsischen Gesandten H. M. Graf von Brühl sowie Mitarbeiter an dessen Sternwarten in London und Harefield. 1784 entdeckte und veröffentlichte er den bedeutenden Nachlass des Astronomen T. Harriot. In die Zeit, die Zach in London verbrachte, fällt die Verleihung der Doktorwürde durch die Universität Oxford.
1786 auf Reisen mit Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha bekannt geworden, siedelte Zach noch im selben Jahr zur Planung und Bauaufsicht von dessen Sternwarte nach Gotha über. Dem nach modernen englischen Baugrundsätzen errichteten Observatorium auf dem Seeberg bei Gotha (1787-1791) stand Zach von 1789 an als Direktor vor. In den folgenden Jahren entfaltete Zach eine rastlose Beobachtungs-, Korrespondenz- und Lehrtätigkeit. Mit der Herausgabe mehrerer Einzelpublikationen und geographisch-astronomischer Fachzeitschriften rückte er die Gothaer Sternwarte neben Greenwich und Paris in den Blickpunkt der europäischen Astronomie. Zum Gebrauch auf geographischen Reisen für Ortsbestimmungen erschienen 1792 seine Sonnentafeln und ein Sternkatalog.
Diese Arbeiten führten 1793 zur Ernennung zum auswärtigen Mitglied der Königlich Böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Prag. 1798 initiierte er in Gotha den ersten Astronomenkongress, der sich aktuellen Problemen widmete (Sternkarten, Definition von Sternbildern, Maßsysteme, Instrumentenpraxis). Im selben Jahr erschien die von Zach edierte Zeitschrift „Allgemeine Geographische Ephemeriden“ (AGE), 1800-1813 fortgesetzt mit der „Monatlichen Correspondenz zur Beförderung der Erd- und Himmelskunde“ (MC).
In der ersten Ausgabe der „Allgemeinen Geographischen Ephemeriden“ kritisierte Zach eindringlich die Unzuverlässigkeit vieler Ortsbestimmungen, den Zustand des Kartenwesens und die Kommunikation in der Astronomie. Für die Entschiedenheit dieser Kritik, zugleich Programm seines Schaffens, stand Zach später stets ein und polemisierte selbst im fortgeschrittenen Alter, auch um den Preis des Verlustes von Freundschaften. In der AGE regte er den Austausch „korrespondierender“ Beobachtungen an und erhob „die Sternenkunde zur wahren Mutter der Geographie“.
Zach war einer der ersten Forscher der Neuzeit, denen die Verbreitung astronomischen Wissens für die Allgemeinheit am Herzen lag. Als herausragendes Beispiel dieser Bemühungen kann der zusammen mit Christian Friedrich Goldbach herausgegebene Sternatlas angeführt werden. Er erschien 1799 im Verlag des Industrie-Comptoirs Weimar und beinhaltete 52 Kupferstiche „in Schwarzerkunst“, einer bis dahin unüblichen, didaktisch eindrucksvollen Darstellungstechnik mit hellen Sternen auf dunklem Hintergrund. (s.u.)
Zum Ziel dieser Veröffentlichung schrieb Zach in der Einleitung: „Bey gegenwärtiger Unternehmung war es daher Hauptzweck, Liebhabern und Anfängern in der Sternkunde eine Reise durchs zahllose Stern-Heer zu erleichtern. Der unterscheidende Charakter gegenwärtiger Karten, vor allen andern dieser Art, ist vorerst, dass alle Umrisse der Sternbilder, alle Sternzeichen, Buchstaben und Benennungen auf schwarzen Grunde weiß dargestellt werden.
Eine Probe und Ankündigung dieser Karten habe ich in dem September-Hefte der Allgemeinen geographischen Ephemeriden 1798 S. 212 mitgetheilt, und ich hegte damals schon die Meinung, dass solche Himmelskarten in Schwarzerkunst für angehende Astrognosen, für Kinder, unverkennbare Vorzüge vor den gewöhnlichen haben müssten, weil Karten dieser Manier den gestirnten Himmel viel deutlicher versinnlichen, die Aehnlichkeiten, Gestalten, Lagen und Configurationen der Sterngruppen weit fasslicher dem Auge darstellen, dasselbe bei nächtlicher Erleuchtung nicht blenden und ermüden, wie dies der Fall bei den gewöhnlichen Karten auf weißen Grunde ist. [...]“
Zachs Traum war die Entdeckung des zwischen Mars und Jupiter fehlenden Großplaneten. Er förderte die Suche nach ihm mittels Gründung einer Astronomischen Gesellschaft und der von ihr durchgeführten Durchmusterung des Himmels. Als Piazzi dann den ersten Planetoiden (Kleinplaneten) fand, war es wiederum Zach, der mittels der von ihm ins Leben gerufenen ersten astronomischen Fachzeitschriften die Entwicklung des Fachgebiets beschleunigte und förderte. Vermutlich wären viele der neu entdeckten Planetoiden wieder verloren gegangen, wenn nicht der rasche Austausch von Beobachtungen und die Initiativen zur Berechnung ihrer Bahnen von ihm vermittelt worden wären.
1803 ernannte die Akademie der Wissenschaften zu Berlin Zach zum auswärtigen Mitglied. Seine Bedeutung wurde auch von seinem Schüler in Dingen der praktischen Astronomie, Carl Friedrich Gauß, anerkannt.
Nach dem Tod des Herzogs von Sachsen-Gotha (1804) lebte Zach 1805-1807 in Eisenberg. Dort entstanden weitere Sonnentafeln sowie 1806 ein Sternverzeichnis mit Aberrations- und Nutationstafeln. 1806 hatte Zach das Direktorat der Gothaer Sternwarte sowie die Herausgabe der „Monatlichen Correspondenz“ Bernhard August von Lindenau übertragen. Nach Reisen wählte er 1809-1813 als Wohnsitz Marseille, anschließend Genua. In Genua erschien 1818-1826 als dritte von ihm edierte Zeitschrift die „Correspondance astronomique, géographique, hydrographique et statistique“ (CA). 1827/28 lebte er bei von Lindenau in Frankfurt a. M. und verbrachte die anschließenden Jahre bis zu seinem Tod in Paris.
Zach wirkte in einer Epoche, in der die Zersplitterung deutscher Kleinstaaten der Institutionalisierung der Astronomie entgegenstand. Begünstigt durch die Bedingungen am gothaischen Hof, stellte er sein Können, Urteilsvermögen und Ansehen in den Dienst der Überwindung von nationalen, wissenschaftlichen und subjektiven Vorurteilen. Mit der Begründung der ersten Fachzeitschriften und Kongresse, der Einflussnahme auf Intensität, Effektivität und Qualität astrononomisch-geographischer Bestimmungen und das Kartenwesen gilt er als ein Motor des internationalen Aufschwungs der Astronomie zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Mehrere seiner Schüler und Assistenten leiteten später Sternwarten oder bekleideten Professuren.
Der biografische Text beruht großteils auf dem Personeneintrag im „Fachlexikon Forscher und Erfinder“ und wurde dem Austria Forum freundlicherweise seitens Nikol Verlag, Hamburg, bzw. Harri Deutsch Verlag, Frankfurt a.M., zur Verfügung gestellt. (www.harri-deutsch.de)
Schriften (Auswahl)
- Tabulae motum solis etc. / Fixarum praecipuarum catalogus novus etc., Gotha 1792
- Supplementum ad tabulas motuum solis, Gotha 1804
- Tabulae speciales aberrationis es notationis etc., 2 Bde., Gotha 1806/07
- Des Freiherrn von Zach abgekürzte Sonnen-Tafel ..., Eisenberg 1809 (franz. Florenz 1809)
- Nouvelles tables d’aberration et de nutation ..., Marseille 1813
Alle von Zach edierten Zeitschriften enthalten Aufsätze von ihm:
- Allgemeine Geographische Ephemeriden (AGE), 4 Bde., Weimar 1788-1799
- Monatlichen Correspondenz zur Beförderung der Erd- und Himmelskunde (MC), 28 Bde., Gotha 1800-1813
- Correspondance astronomique, géographique, hydrographique et statistique (CA), 13 Bde., Genua 1818-1826
- weiters zahlreiche zeitgenössische mathematische und astronomische Zeitschriften, insbesondere das „Berliner Astronomische Jahrbuch“
Literatur#
- Allgemeine Deutsche Biographie ADB, Band 44 (1898), ab S. 613f
- Constantin von Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaisertums Österreich, 58. Theil, Wien 1889, S. 70ff
- Peter Brosche: Der Astronom der Herzogin. Leben und Werk von Franz Xaver von Zach 1754-1832 (Acta Historica Astronomiae ; 12). Frankfurt am Main, Verlag Harri Deutsch 2001
Quellen#
- "Forscher und Erfinder", Nikol Verlag, Hamburg, bzw. Harri Deutsch Verlag, Frankfurt a.M.
- Deutsche Nationalbibliothek
- Himmelsatlas
Redaktion: J. Sallachner