Burg Kreuzenstein#
Gemeinde: Leobendorf
Leobendorf
Katastralgemeinde: Leobendorf
Als romanisch-gotische Idealburg, unter Verwendung alter Bauteile, im 19. Jahrhundert neu errichtete Anlage.
Über eine Steinbrücke gelangt man zum äußeren Burgtor mit Pechnase, dann zum Zwinger mit Wehrgängen. Erster Hof mit Gesindestube, zweiter Hof mit Küche und Arbeitsraum, Palas mit hervorragend ausgestatteter, großer Rüstkammer, Kapelle mit gotischem Flügelaltar, bemerkenswerten Glasfenstern, dem gotischen Sakramentshäuschen und Taufbecken; Rittersaal mit Kachelofen, Gobelines und gotischem Schrank; Burgküche mit 7,5 m langem Tisch (aus einem Stück), Bibliothek, Fürstenstube, großer und kleiner Saal, „Kaschauer Gang".
Prähistorische Funde beweisen, dass schon damals eine Ringwallanlage in der Gegend zwischen Korneuburg und Stockerau bestand. 1002 schenkte Kaiser Heinrich II. seinem Getreuen Pilgrim von Vormbach Land, das etwa den Raum zwischen dem Rohrwald und dem Bisamberg umfasste. Die erste echte Burg dürfte zu Beginn des 12. Jahrhunderts errichtet worden sein, doch gab es zweifellos bereits vorher eine Wehranlage auf diesem Hügel. Anno 1115 wird „Grizanestein" genannt und Dietrich von Grizanestaine aus dem bayrischen Geschlecht der Formbacher erwähnt. Durch die Heirat seiner Tochter mit Graf Engelbrecht von Wasserburg, waren deren Nachkommen über ein Jahrhundert lang im Besitz von Kreuzenstein. Graf Konrad, der letzte Wasserburger, verkaufte 1246 die Burg den Babenbergern. In der ersten Hälfte der 13. Jahrhunderts herrschte Ottokar II. von Böhmen hier, ehe er nach der Schlacht von Dürnkrut und Jedenspeigen 1246 seine Herrschaft an den Habsburger Rudolf I. verlor. Die Habsburger setzten vorwiegend Pfleger und Burggrafen ein, verpfändeten die Burg aber auch häufig.
1525 erhielt der bisherige Pfleger und spätere Verteidiger Wiens gegen die Türken, Niklas Graf Salm, Kreuzenstein als Lehen. 1548 gelang es dem böhmischen König Podiebrad sich der Feste zu bemächtigen. 1585 kam Kreuzenstein an die Grafen Hardegg.
Zu Beginn des Dreißgjährigen Krieges kam die Herrschaft an den Freiherrn von Herberstein. 1620 konnten böhmische Soldaten die Burg vorübergehend einnehmen Im Laufe des Dreißigjährigen Krieges wurde die Burg von schwedischen Truppen besetzt und schließlich gesprengt. In der Folge benützte die umliegende Bevölkerung die Ruine als willkommenes Baumaterial für ihre Behausungen, so dass zu Beginn des vierten Viertels des 19. Jahrhunderts nur noch einige Reste, wie Teile der Ringmauer, der Rumpf des Ostturmes und Teile der Kapelle erhalten waren.
Durch die Vermählung der letzten Tochter des Hauses Saint-Hilaire mit dem späteren Reichsgrafen und Feldmarschall Heinrich Wilhelm von Wilczek kam Kreuzenstein 1702 in den Besitz der Familie Wilczek.
1874 reifte in Johann Nepomuk Graf Wilczek allmählich der Gedanke Kreuzenstein wieder aufzubauen. Der berühmte österreichische Kunstmäzen und Philanthrop Hans Wilczek (ehem. Graf) (Gründer der Wiener Rettungsgesellschaft) ließ von 1874 bis 1907 die Burg neu errichten. Er beauftragte den Architekten Carl Gangolf Kayser mit den Entwürfen, an denen er selbst starken Anteil nahm. Nach Kaysers Tod 1895 führte Humbert Walcher Ritter von Moltheim das Werk fort, das im wesentlichen 1906 vollendet war. Wilczek wollte die Idealvorstellung einer romanisch-gotischen Burg verwirklichen und sie gilt heute als letzter großer Burgenbau des Historismus in Österreich. In erster Linie sollte hier seine riesige Sammlungen an kunsthistorisch interessanten Objekten untergebracht werden. Tatsächlich gibt es keine mittelalterliche Burg, in der so viele Kunstschätze wie in Kreuzenstein verwahrt wurden. Wilczek bemühte sich möglichst viele Originalteile, die aus ganz Europa stammten, einzubauen. Er gründete auch eine eigene Bauhütte, in der Handwerker aus ganz Europa beschäftigt waren.
1915 wurden durch einen Brand Kunstschätze, darunter Radierungen von Dürer und Cranach, stark dezimiert. 1945 wurde Kreuzenstein durch Kriegsereignisse stark beschädigt, später aber vollständig renoviert.
In der Burg ist ein interessantes Museum mit einer Urkundensammlung und eine der größten privaten Sammlungen an mittelalterlichem Mobiliar Europas zu besichtigen. Jeden Sommer findet eine Serenade statt, deren Tradition auf den Erbauer der Burg zurückgeht. Das erste Obergeschoß mit den Schauräumen ist der Öffentlichkeit zugänglich. Das zweite Obergeschoß ist für private Zwecke reserviert.
Eigentümer: Seit 1702 Fam. Wilczek (ehem. Graf)
Der Text und die Literaturangaben sind aus dem Buch 'Österreichisches Burgenlexikon - Schlösser, Burgen und Ruinen' (1991) von Georg Clam Martinic übernommen. Der Beitrag wurde jedoch im Oktober 2010 mit folgenden Quellen aktualisiert:
Burgen und Schlösser in Österreich und Südtirol (2005) von Gerfried Sitar und Anna Hoffmann
und mit Webrecherchen.
Literatur#
- Dehio Niederösterreich, Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs. Niederösterreich nördlich der Donau, bearb. von Evelyn Benesch, Bernd Euler-Rolle, Claudia Haas, Renate Holzschuh-Hofer, Wolfgang Huber, Katharina Packpfeifer, Wien 1990. Seite 665ff.
Weiterführendes
-- Lanz Ernst, Samstag, 2. September 2023, 11:28