Mittelalter/Geistliche Kultur#
Fidler und Tänzerin#
Die erste Abbildung stammt aus Codex 32 der Universitätsbibliothek Graz. Die Handschrift, die wahrscheinlich aus Italien ist, gelangte über Seckau hierher. Die auf Folio 106v dargestellten Figuren sind im Original ca. 10 cm groß. Den Grund für den Schwung in diesem Bild zeigen die Proportionsanalysen:
In der zweiten Abbildung stehen Fidler und Tänzerin auf einer gedachten Linie, die die Fußspitzen und das Gewand miteinander verbindet (K-P). Die Abstände zwischen den eingezeichneten Punkten zeigen folgende Verhältnisse: K-L und L-M 8:9 (= in der Musik das Verhältnis einer großen Sekund); L-M und M-O sowie M-O und O-P 3:2 (= Quint), O-P und K-L 1:2 (= Oktav); L-M und M-P 10:9 (= kleine Sekund). Die Abbildung zeigt noch weitere solcher Verhältnisse, die man schwerlich nur dem Zufall zuschreiben kann, zumal die Figuren offenbar im Nachhinein korrigiert wurden (z. B. der Rockzipfel rechts außen wurde verlängert). Diese proportional hergestellten Beziehungen zwischen dem Fidler und der Tänzerin sollen uns offensichtlich symbolisch zeigen, dass Musik (= Fidler) und Tanz auf denselben Grundlagen beruhen. (E. Stadler)