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2.2 Bedeutung fürBiografieundWerk
Die Briefe an Lotte Sweceny geben wenig Aufschluss über die Genese
desRomans,wohlauch, weil diebeidenwährendder Entstehungdes
Manuskripts nicht getrennt waren und Lernet sich bei Bedarf persönlich
mitLotteSwecenyaustauschenkonnte. Jedenfalls bliebdieBeziehung
zuLotteSweceny inMars imWidder nichtohneSpuren:DieForschung
ist sicheinigdarüber,dassdie imBuchgeschildertenmilitärischenVor-
gänge sich imWesentlichenausdenTagebuchaufzeichnungenLernets
speisen, also über weite Strecken autobiografisch sind.132 Es scheint
jedoch, dass auch andere Handlungsstränge des Romans reale Vorbilder
haben; Clemens Ruthner etwa vermutet, „[...] dass Lernet nicht nur in
der literarischenNutzungseinesKriegstagebuchs, sondernauch inande-
renTextpassagen(wiedenWienerEpisoden)auf realeEreignisseund
Personenanspielt [...]“.133 In–vonderLektürederhierbehandelten
Briefe gestützter – Kenntnis von Lernets persönlicher Situation vor dem
Ausbruchdes ZweitenWeltkriegs lässt sich dieseVermutungohneallzu
viel Spekulation bestätigen: Die Situation des Offiziers Wallmoden, der
geradedabei ist, zueinergeheimnisvollenFraueineBeziehungzuknüp-
fen, die dann durch den Kriegsausbruch unterbrochen wird, ähnelt sehr
derjenigen des Autors, der gerade ein engeres Verhältnis mit Lotte Swe-
ceny eingegangen war.134 Die Parallelen zwischen Maria Charlotte Stein
und „den beiden Cubas“ sind augenfällig: Auf die physiognomische Ähn-
lichkeit wurde bereits hingewiesen (S.25) – Lottes blonde Haare finden
sichwiederbeider „echtenCuba“, „Augenvondunkleremundhellerem,
132 Müller-Widmeretwaschreibt: „Bis inskleinsteDetail hat sichLernet-Holeniaanseine
Erinnerung und an sein Tagebuch angelehnt, aber auch in der Schilderung der grossen
militärischen Operationen hält sich Lernet-Holenia ganz an die Tagebücher“ (Müller-
Widmer: Alexander Lernet-Holenia. Grundzüge seines Prosa-Werks, S.46). Bereits Beer
hatte 1976 darauf hingewiesen, dass Lernet „für die Schilderung des Aufmarsches
anDeutschlandsOstgrenze,derAngriffeaufPolen,desSiegesüberdencouragierten
WiderstandseinerVerteidiger seineKriegstagebücherausgiebigverwendethat“ (Otto
F. Beer: Lernet im Mars. In: Thomas Hübel/Manfred Müller [Hrsg.]: Die Lust an der
Ungleichzeitigkeit [zuerst erschienenalsNachwort zu:AlexanderLernet-Holenia:Mars
im Widder. Phantastischer Roman. München: dtv 1979, S. 157–161]. Wien: Zsolnay
1979,S.42–50,hierS.43).
133 Ruthner: Fatale Geschichte(n) im „Zwischenreich“, S.11. Letztlich kommt Ruthner
jedoch zu dem Schluss: „Wirklich beweisen lässt sich die These, Mars im Widder sei ein
Schlüsselroman,beimheutigenForschungsstand jedochnicht“ (ebd.).
134 Mithin hat auch die „Verknüpfung der historischen Begebenheiten mit einer Liebes-
geschichte“ (Müller-Widmer:AlexanderLernet-Holenia.Grundzüge seinesProsa-Werks,
S.48),dieMüller-Widmernochzuden„‚Erfindungen‘desDichters“ rechnenmusste, ein
realesVorbild.
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Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny
Briefe 1938-1945
- Titel
- Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny
- Untertitel
- Briefe 1938-1945
- Autor
- Christopher Dietz
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78887-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 468
- Kategorien
- Weiteres Belletristik