Seite - 49 - in Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny - Briefe 1938-1945
Bild der Seite - 49 -
Text der Seite - 49 -
2.2 Bedeutung fürBiografieundWerk
DerEindruck,denderLeser vonMars imWiddervonderGruppeemp-
fängt, ist jedenfalls ein zwiespältiger. Ob diese Ambivalenz Lernets
Verhältnis zu den realen Vorbildernwiderspiegelt odereinem erzähleri-
schenZweckdient,warbereitsGegenstand literaturwissenschaftlicher
Erörterung. In seiner Rezension von Mars im Widder hatte Tadeusz
Nowakowski in Lernets Todesjahr bereits die Frage gestellt, „ob die
karikierende Schilderung einer Widerstandsbewegung als oppositionelle
LeistungdesErzählerswirklichakzeptabel“151 sei.Dasses sichbeidieser
mehrdeutigen Schilderung weniger um eine Karikatur als um ein Ele-
ment von Lernets Erzählweise handelt, hat wenig später Müller-Widmer
festgestellt, diederAnsicht ist, dass esdemAutorum„dieVermittlung
einer geheimnisvollen Atmosphäre rund um Cuba“ gehe, „die für den
weltanschaulichen Aussagewert des Romans eine Voraussetzung“ sei.
„Das Wesentliche“, so Müller-Widmer weiter, „bleibt der Eindruck des
Phantastischen und nicht der politischen Widerstandsbewegung, die
trotzallerVerschlüsselungstaktikwenigstens imKernpositivhättedar-
gestelltwerdenmüssen“.152 DieseAussagekehrtDassanowskygeradezu
um:
Theauthor,however,usespreciselyhiswell-knownFantasticRealist
style to enshroud the political statement of the plot, the covert and
overt clues which season the novel, and the true identity of the
mysterious group, who in a very un-fantastic manner are later
revealed tohavefled theirwork inVienna(Örtel,Drska), orhave
turnedupdead(Cuba) [...].153
AusgehendvonMüller-Widmer,dieeine„völligeDistanzLernet-Holenias
zurpolitischenAktualität“154 ortet,undDassanowsky,derdiegenauent-
151 Tadeusz Nowakowski: „Charmant, charmant ...“ Lernet-Holenias Roman „Mars im
Widder“. In: FrankfurterAllgemeineZeitung, 16.Nov.1976,S. L4.
152 Müller-Widmer: AlexanderLernet-Holenia.Grundzüge seinesProsa-Werks, S.98.
153 Dassanowsky: Phantomempires, S.96.
154 Müller-Widmer:AlexanderLernet-Holenia.Grundzüge seinesProsa-Werks, S.97. „Hätte
Lernet-Holenia [mit Mars im Widder, C.D.]“, so die Autorin, „einen politischen Beitrag
verfassen wollen, so hätte er die mit Rücksicht auf die Zensur angeblich verschlüsselten
StellennachdemKriege,alsdasWerkersterscheinenkonnte, inseinerunverschlüsselten
Versionpubliziert“ (ebd.).DieseTheseübersiehtallerdingszweiwesentlicheAspekte:
Erstens hatteLernet-Holenia inder Regelwenig Interessedaran, abgeschlosseneBücher
wieder neu in Angriff zu nehmen (und Mars im Widder war ja bereits gedruckt), schon
gar nicht solche, an denen ihm nicht viel lag (vgl. S.140). Zweitens dokumentiert
jageradedieVerschlüsselungderKernszenen expostdenanti-nationalsozialistischen
Impetus des Buches für die Nachwelt – weder Autor noch Verlag dürften also ein
Interessedarangehabthaben, sie zuentschlüsseln.
49
Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny
Briefe 1938-1945
- Titel
- Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny
- Untertitel
- Briefe 1938-1945
- Autor
- Christopher Dietz
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78887-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 468
- Kategorien
- Weiteres Belletristik