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2.2 Bedeutung fürBiografieundWerk
verschafft.195 Die Briefe an Lotte Sweceny bringen in die Spekulatio-
nendarüber,warumundvonwemLernet-Holenia–der immerhinals
„für nationalsozialistisches Publikum untragbar“ (S.20) galt und dessen
Roman über den „Polenfeldzug“ soeben vom Propagandaministerium
verboten worden war – nach Berlin abkommandiert wurde, wo er einen
fürdieNazi-Propagandanicht ebenunwichtigenPosten,dendes „Lei-
ter[s] des ‚Entwicklungsstabs der Heeresfilmstelle‘“196, versah, einen
neuenAspektein:BereitsnacheinigenWochen inBerlinbeschwert er
sichbei Lotteüber seinenSt.WolfgangerFreund, „diesenunmöglichen
Trottel Bernau“ (S.168). Als sich Ende September 1941 herausstellt,
dassLernet „eigentlichgarnichtmehr felddiensttauglich“ ist, sondern
„nur mehr tauglich zu Verwendung in der Heimat oder hinter der Front“
(S.170), die „Sinekure“ bei der Heeresfilmstelle also im Grunde gar
nichtnötiggewesenwäre,umLernetvordemFronteinsatzzubewahren,
schreibt er: „Du kannst Dir denken, was ich dem Peperchen [d.i. Alfred
Breidbach-Bernau, C.D.],197 soeben, Freundliches geschrieben habe“
(S.170).Und,wenig später, ausSt.Wolfgang:
Denn wenn das mit den Verlusten so weitergeht [...], so ist nichts
leichtermöglich, alsdass ich schließlichdochalsErsatzhinausge-
schickt werde, ob ich nun voll felddiensttauglich bin oder nicht.
Überschätze also bitte nicht die Vorzüge jenes genialen Einfalles
vonBernau. (S.171)
Worin im Detail der „geniale Einfall“ Alfred Breidbach-Bernaus, genannt
„Peperchen“, bestand, war nicht zu eruieren; sein Sohn Hans (*1920)
bestätigt jedoch,was sichbei LektürederBriefeLernetsanLotteSwe-
cenyvermuten lässt, dassnämlich „Peperchen“beiderAbkommandie-
rung Lernets in die Heeresfilmstelle eine erhebliche Rolle spielte. Leiter
dieser Stelle wiederum war – nicht Lernet-Holenia, wie immer noch
zu lesen ist,198 sondern – der 1892 geborene Major Erwin Wratschko.
195 So etwa Han: Studien zu einer Monographie, S.102; Günther Berger: Ein dichtender
Grandseigneur: Beiträge zur Vervollständigung der Biographie und des Werkes von
AlexanderLernet-Holenia (1897–1976). In:Österreich inGeschichteundLiteraturmit
Geographie 2 (1989), S. 89–113, hier S.101; Dassanowsky: Phantom empires, S.90 („a
positionhe readily accepted“).
196 Rocˇek:DieneunLeben, S.239.ZurFunktionderHeeresfilmstelle vgl. S.285,Anm.zu
nachBerlin fahren.
197 ZuAlfredBreidbach-Bernauvgl. S.234,Anm.zuaufPeperchensMaschinerie.
198 Zuletzt etwa beiRuthner: Fatale Geschichte(n) im „Zwischenreich“, S.17, oder Kriegle-
der: Der Irreunddie siebenSoldaten,S.60.
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Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny
Briefe 1938-1945
- Titel
- Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny
- Untertitel
- Briefe 1938-1945
- Autor
- Christopher Dietz
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78887-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 468
- Kategorien
- Weiteres Belletristik