Page - 59 - in Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny - Briefe 1938-1945
Image of the Page - 59 -
Text of the Page - 59 -
2.2 Bedeutung fĂŒrBiografieundWerk
verschafft.195 Die Briefe an Lotte Sweceny bringen in die Spekulatio-
nendarĂŒber,warumundvonwemLernet-Holeniaâder immerhinals
âfĂŒr nationalsozialistisches Publikum untragbarâ (S.20) galt und dessen
Roman ĂŒber den âPolenfeldzugâ soeben vom Propagandaministerium
verboten worden war â nach Berlin abkommandiert wurde, wo er einen
fĂŒrdieNazi-Propagandanicht ebenunwichtigenPosten,dendes âLei-
ter[s] des âEntwicklungsstabs der Heeresfilmstelleââ196, versah, einen
neuenAspektein:BereitsnacheinigenWochen inBerlinbeschwert er
sichbei LotteĂŒber seinenSt.WolfgangerFreund, âdiesenunmöglichen
Trottel Bernauâ (S.168). Als sich Ende September 1941 herausstellt,
dassLernet âeigentlichgarnichtmehr felddiensttauglichâ ist, sondern
ânur mehr tauglich zu Verwendung in der Heimat oder hinter der Frontâ
(S.170), die âSinekureâ bei der Heeresfilmstelle also im Grunde gar
nichtnötiggewesenwÀre,umLernetvordemFronteinsatzzubewahren,
schreibt er: âDu kannst Dir denken, was ich dem Peperchen [d.i. Alfred
Breidbach-Bernau, C.D.],197 soeben, Freundliches geschrieben habeâ
(S.170).Und,wenig spÀter, ausSt.Wolfgang:
Denn wenn das mit den Verlusten so weitergeht [...], so ist nichts
leichtermöglich, alsdass ich schlieĂlichdochalsErsatzhinausge-
schickt werde, ob ich nun voll felddiensttauglich bin oder nicht.
ĂberschĂ€tze also bitte nicht die VorzĂŒge jenes genialen Einfalles
vonBernau. (S.171)
Worin im Detail der âgeniale Einfallâ Alfred Breidbach-Bernaus, genannt
âPeperchenâ, bestand, war nicht zu eruieren; sein Sohn Hans (*1920)
bestĂ€tigt jedoch,was sichbei LektĂŒrederBriefeLernetsanLotteSwe-
cenyvermuten lĂ€sst, dassnĂ€mlich âPeperchenâbeiderAbkommandie-
rung Lernets in die Heeresfilmstelle eine erhebliche Rolle spielte. Leiter
dieser Stelle wiederum war â nicht Lernet-Holenia, wie immer noch
zu lesen ist,198 sondern â der 1892 geborene Major Erwin Wratschko.
195 So etwa Han: Studien zu einer Monographie, S.102; GĂŒnther Berger: Ein dichtender
Grandseigneur: BeitrÀge zur VervollstÀndigung der Biographie und des Werkes von
AlexanderLernet-Holenia (1897â1976). In:Ăsterreich inGeschichteundLiteraturmit
Geographie 2 (1989), S. 89â113, hier S.101; Dassanowsky: Phantom empires, S.90 (âa
positionhe readily acceptedâ).
196 RocËek:DieneunLeben, S.239.ZurFunktionderHeeresfilmstelle vgl. S.285,Anm.zu
nachBerlin fahren.
197 ZuAlfredBreidbach-Bernauvgl. S.234,Anm.zuaufPeperchensMaschinerie.
198 Zuletzt etwa beiRuthner: Fatale Geschichte(n) im âZwischenreichâ, S.17, oder Kriegle-
der: Der Irreunddie siebenSoldaten,S.60.
59
Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny
Briefe 1938-1945
- Title
- Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny
- Subtitle
- Briefe 1938-1945
- Author
- Christopher Dietz
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78887-4
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 468
- Categories
- Weiteres Belletristik