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3 Briefe
Nesselausschlag gekriegt, so daß er wie ein Ballon ausgesehen hat. Und
er konnte kein Glied mehr rühren und war der Meinung, das sei der
Tetanus, und es wäre aus. Da sieht man wieder, was – nicht nur im
Menschen– in[sic!] inwendig fürgeheimnisvolleSachenvorgehen,und
daßalles,wasgeschieht,Gesetzen folgt, vondenenwir sogutwienichts
wissen.Aber immer:Gesetzen.
Auch Emil kam so ähnlich an in Berlin wie die Rehbein. Gestern
besuchte ichdieFamilie, dienebendemBootshausdasHaushat.Eswar
inwendighöchstgräulich, insbesonderederWäscheschrankdesHerrn
K.hattedieGestalt einesAdlersmit ausgebreitetenFlügeln.
Mit allem, was Du schreibst, magst Du schon recht haben. Und so
wird es wohl auch werden. Denn würde es anders, so müßte doch auch
waswerden.DochdarüberentscheidetdasSchicksal, das jabisherkeine
rechtePhantasiegezeigthat.Aber jetztwirdesplötzlichhintermOfen
hervorkommen.
Ich benütze meine Verlassenheit, um lauter olympische Spiele zu
treiben.Eigentlich sollte ichwohlaucharbeiten.Aber ichbinnicht recht
dabei. Es ist ein so merkwürdiges Gefühl, das mir sagt: es sei noch nicht
an der Zeit, zu arbeiten. Später werde | die Zeit kommen. Nur kann
das täuschen. Alles kann täuschen. Aber am Ende ist es merkwürdig, da
stellt sichheraus,daßdocheigentlichnichtsgetäuschthat.Es ist sehr
schwer zu sagen. Es ist wie mit dem Raum: er ist gekrümmt und gerade
zugleich. Jedenfalls meint man, das einzige, von dem man glaubt, es
müsse den bekannten Gesetzen folgen, wäre man selbst. Aber folgt man
sich denn wirklich? Hoffentlich doch nur die andern: auf die ist kein
Verlassmehr.Die sindalle soandersgeworden, als siewaren, –bis auf
wenige.AberderWagen,der rollt.
Ichbin so traurig, daßDunichtmehrdabist.Dazudiesesdepperte
schöne Wetter. (Heute vormittag, allerdings, habe ich es regnen lassen.)
– Der Jean hat meine Uniform angeschaut und gesagt, sie bestünde aus
einer so fabelhaften Wolle. Sieh da! – Anny und Waldi und Stutzi lassen
Dich schöngrüßen.DerLeuwird schonserieuser.
Schreib mir recht bald wieder ein Brieflein. Ich sitze so dumm herum.
Du frägst [sic!] Dich, mein H., ob Du und ich, ob wir nicht zu früh
aufgehört hätten, einander zu sehen. Nun, für mich war es auf alle Fälle
zu früh.AberdieDingebewegensich inGestalt einesunsagbar feinen
Uhrwerks, und was geschieht, kann wohl gar nicht anders geschehen,
selbst wenn es noch so traurig ist, und selbst wenn es ganz unsinnig
scheint. Ich war eine Zeit der Meinung, die Lösungen Gottes seien recht
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Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny
Briefe 1938-1945
- Titel
- Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny
- Untertitel
- Briefe 1938-1945
- Autor
- Christopher Dietz
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78887-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 468
- Kategorien
- Weiteres Belletristik