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Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny - Briefe 1938-1945
Seite - 103 -
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3.2 Briefe1939 Verfall. Ein bißchen langweilig – unberufen – wird mir schon die ganze Geschichte. Wir sind durch die raschen Märsche (in ungeheurem Staub) und durch die Gefechte und sonstigen Anstrengungen mager wie die Sar- dellengeworden,nehmennunaberwieder zu.Wir essenunglaublich viel, und es ist nicht ganz klar, wohin das alles geht. En somme: eine gewisse Ermüdung ist nicht abzuleugnen. Und es täte gut, sich erholen zukönnen.Aber ich fürchte,derRückmarschwirdnichtallzuschnellvor sich gehen. Es ist ja schließlich doch ein riesiger Apparat hier eingesetzt, derumbewegt zuwerden,dieStraßenüberlastet. Die Infanterie ist wochenlang durch ganz Galizien gehatscht, was nicht das reinste Vergnügen gewesen sein kann. Auch die Pferde der Kavallerie stichtderHabernichtmehrallzu sehr. | Meine Hand ist schonviel besser. Ihr seht, ichkann schon ordentlich schreiben. Ich fange nun auch an, etwas zu tun, was ich seit einem Jahrzehnt nicht mehr getan habe: nämlich hin und wieder zu lesen. BeidempolnischenLandjunker fandenwirdasNibelungenlied ineiner leider sehr schlechten Übersetzung, aber überm Lesen erinnert man sich an einzelne Zeilen des Originals, die sehr schön sind – Seltenheiten indiesernichtganzgeglücktenSpätfassungältererundgroßartigerer Gedichte. Jedenfalls ist es merkwürdig, dass auch die andern – nicht nur ich – jetzt, in dieser Zeit, Verse eher lesen können als Prosa, dass also,durchdiesenWirbel, daseigentlichDichterischewiederummehr als bisher zu seinem Rechte kommt ... Das möge auch weiterhin so bleiben. Post habe ich, mit Ausnahme einer Nachricht vom 5. Spt., aus Ber- lin noch keine bekommen. (Die Polen sollen irgend eine Postsendung erwischthaben.Manhat sie ihnen|nur teilweisewiederabgeknöpft.) Eine Zeit lang gab’s vorzügliche Alkoholien, Kirschen in Schnaps, allerhand Bäckereien. Nun wird das alles rarer. Das ist schade, denn das Essen ist ein schönerZeitvertreib. Ich nehme an, dass sich das Bild des Hinterlandes nicht allzu sehr verändert hat. Freilich: dies und das wird wohl stark eingeschränkt sein. Aber ichmeine, es lässt sichexistieren. Summasummarum: dasGanze istwohleinesehrgroßeAnstrengungdesStaates,und ichvermutenicht, dass man sich im Westen, weder französischer- noch deutscherseits, sonderlich in Bewegung setzen wird; so dass es also einen ein wenig erholsamenWintergäbe. 103
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Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny Briefe 1938-1945
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Titel
Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny
Untertitel
Briefe 1938-1945
Autor
Christopher Dietz
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-78887-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
468
Kategorien
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