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ALJ 1/2016 Waldemar Hummer 14
maßen ermächtigter Mitgliedstaat aber wieder Kontrollen an seinen Binnengrenzen einführt, hat
er dies den anderen Mitgliedstaaten, dem Europäischen Parlament und der Kommission zu
melden. Ebenso hat er der Kommission schriftlich seine GrĂĽnde mitzuteilen, falls er der Empfeh-
lung des Rates nicht Folge leisten will.
Bei diesem besonderen Verfahren im Falle außergewöhnlicher Umstände, unter denen das Funk-
tionieren des „Schengen“-Systems insgesamt gefährdet ist, handelt es sich daher um ein Verfahren,
das die Mitgliedstaaten nicht aus Eigenem in Gang setzen können, sondern das des Erlasses eines
Sekundärrechtsaktes des Rates bedarf, wenngleich dieser nur eine unverbindliche Empfehlung
gem Art 288 Abs 5 AEUV darstellt.
Da die bisher von einzelnen Mitgliedstaaten gem Art 25 und Art 23–24 Schengener Grenzkodex
(2006) unilateral ergriffenen Maßnahmen den „Schengen“-Raum als Ganzes in seinem Bestand
gefährden könnten, geht die Kommission davon aus, dass sie dann, wenn die schwerwiegenden
Mängel bei den Kontrollen an den Außengrenzen über den 12. 5. 2016 hinaus anhalten, dem Rat
einen Vorschlag gem Art 29 Abs 2 Schengener Grenzkodex (2016) unterbreiten müsse, „in dem
ein kohärentes unionsweites Vorgehen bei den Binnengrenzkontrollen empfohlen wird […]. Die
empfohlenen Grenzkontrollen wären befristet und dürften höchstens solange dauern, wie es die
anvisierte Bedrohung rechtfertigt. Das Ziel sollte sein, sämtliche Binnengrenzkontrollen im
„Schengen“-Raum binnen sechs Monaten nach ihrer Einführung, dh bis Mitte November 2016,
aufzuheben, sofern die Gesamtlage es zulässt“.69
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang aber, dass es in der vorstehend erwähnten kodifizierten
Fassung des Schengener Grenzkodex70 (2016) zu einer Umnummerierung gekommen ist, aufgrund
derer die vorstehend zitierten Art 23–26 nunmehr als Art 25–30 figurieren. Das ganze Kapitel II des
Titel III des Schengener Grenzkodex unter dem Rubrum „Vorübergehende Wiedereinführung von
Grenzkontrollen an den Binnengrenzen“, das früher von Art 23–31 reichte, umfasst jetzt die Art 25–
35 des kodifizierten Schengener Grenzkodex (2016).
VIII. Der „Fahrplan“ der Europäischen Kommission zur Wiederherstellung
des „Schengen“-Raumes bis Ende 2016
Nachdem der Rat am 12. 2. 2016 eine einschlägige Empfehlung angenommen und der Europäische
Rat auf seiner Tagung vom 18./19. 2. 2016 den Auftrag erteilt hatte, einen normal funktionierenden
„Schengen“-Raum in konzertierter Weise wiederherzustellen und den Schengener Grenzkodex
vollständig anzuwenden,71 legte die Europäische Kommission in ihrer Mitteilung „Zurück zu
Schengen – ein Fahrplan“ vom 4. 3. 201672, einen detaillierten Plan vor, um bis spätestens Ende
2016 wieder zu einem normal funktionierenden „Schengen“-Raum zurückzukehren. Dabei diagnos-
tizierte die Kommission vor allem in folgenden drei Bereichen unmittelbaren Handlungsbedarf:
Erstens müssen die schwerwiegenden Mängel, die beim Außengrenzenmanagement in Griechen-
land festgestellt wurden, behoben werden. Allein 2015 sind ĂĽber diesen Teil der Schengen AuĂźen-
grenze über die Ägäisroute über 867.000 Personen irregulär in den „Schengen“-Raum einge-
69 KOM(2016) 120 final, 12.
70 Fn 28.
71 Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 18./19. 2. 2016 (EUCO 1/16 vom 19. 2. 2016), 4 (Pkt 8, lit e).
72 Siehe oben Fn 1; vgl: Zurück zu Schengen: Kommission schlägt Fahrplan für vollständige Wiederherstellung des
Schengen-Systems vor, abrufbar unter: http://europa.eu/rapid/press-release_IP-16-585_de.htm (26. 4. 2016).
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Austrian Law Journal
Band 1/2016
- Titel
- Austrian Law Journal
- Band
- 1/2016
- Autor
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Herausgeber
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Ort
- Graz
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 19.1 x 27.5 cm
- Seiten
- 110
- Schlagwörter
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Kategorien
- Zeitschriften Austrian Law Journal