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ALJ 1/2016 Transeuropäische Netze: Staatliche Planung im österreichischen Starkstromwegerecht 38
A. Planungsrechtliche Fragestellungen
Die Möglichkeit der Ausweisung von Trassensicherungsgebieten ist ein Instrument des Planungs-
rechts. Dies zeigt sich insbesondere am Aufbau seiner gesetzlichen Grundlage nach dem Ziel-
Mittel-Schema: Um das Ziel der Freihaltung notwendiger Grundflächen zu erreichen, kann die
Behörde das Mittel der Festlegung eines Trassensicherungsinstruments auf einem bestimmten
Gebiet wählen.115
Auch hier wird also die schon erwähnte „planerische Schicht“116 zwischen Gesetz und behördliche
Einzelfallentscheidung gezogen. Spätere Individualakte der Behörden haben sich nach der planeri-
schen Zonenfestlegung zu richten. Dies betrifft jedoch ausschließlich Bauverbote und -erlaubnisse
am Gebiet; nicht präjudiziert wird hingegen der spätere Leitungsbau. Dass ein Trassensiche-
rungsgebiet festgelegt wurde, heißt also nicht, dass die betreffende Fläche später auch einer
Trassenführung zur Verfügung stehen muss.117 Damit scheidet etwa auch die Verpflichtung zu
einer Strategischen Umweltprüfung nach der SUP-Richtlinie aus, da die Trassensicherung nicht
„den Rahmen für die künftige Genehmigung“ eines UVP-pflichtigen Vorhabens setzt (vgl Art 3 Abs 2
SUP-RL).118
Wie bei allen Planungsakten ist der Spielraum der Behörde verhältnismäßig weit; um rechtsstaat-
lichen Anforderungen zu genügen, ist also auch hier auf eine hinreichende Ausarbeitung, Be-
handlung und Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen zu achten.119 Dieser Behördenspiel-
raum ist jedoch erheblich enger als etwa bei der Erstellung eines Flächenwidmungsplans. Im Falle
von Trassensicherungsgebieten dürfen nur Grundflächen einbezogen werden, durch deren Be-
bauung eine erhebliche Erschwerung oder wesentliche Verteuerung des geplanten Leitungsbaus
zu befürchten ist. Die Gestaltungsfreiheit der Behörde ist dadurch zweifellos eingeschränkt, der
Planungsakt weist eine starke konditionale Prägung auf. Angesichts der relativen Unkonkreti-
siertheit des Vorhabens zum Zeitpunkt der Verordnungserlassung schlägt das Pendel auf der
„vielschichtigen und graduell abgestuften Skala unterschiedlich dichter rechtlicher Bindungen“,
wie es Gärditz120 beschreibt, nichtsdestotrotz in Richtung Planungsakt aus; von einem Konditio-
nalprogramm, in dem der Entscheider nur retrospektiv über die Erfüllung eines gesetzlichen
Tatbestandes abzusprechen hat, an den eine oder allenfalls auch mehrere mögliche Rechtsfolgen
geknüpft sein mögen, ist man schließlich weit entfernt.
B. Kompetenzrechtliche Aspekte der Ausweisung von Trassenplanungsgebieten
1. Fachplanung im Starkstromwegerecht
Mit der Ausweisung eines Trassenplanungsgebiets für ein PCI schließt die zuständige Infrastruk-
turbehörde die Bodennutzung der betreffenden Flächen für bestimmte Zwecke aus. Bei der
Trassensicherung handelt es sich somit um ein Fachplanungsinstrument des Bundes. Raumpla-
nerische Festlegungen sind am Gebiet des Starkstromwegerechts nichts Neues: Da die Stark-
115 Vgl § 14 Abs 1 E-InfrastrukturG.
116 Vgl oben Kapitel IV.
117 Vgl zur Präjudizialität von Trassenverordnungen gem § 3 Abs 1 HlG VfSlg 14.387/1995 sowie VwGH 16. 4. 2004,
2001/10/0156.
118 Näher Nußbaumer, SUP – Strategische Umweltprüfung, in Hauer/Nußbaumer (Hrsg), Österreichisches Raum- und
Fachplanungsrecht (2006) 31 (36 ff).
119 Vgl etwa VfSlg 19.126/2010.
120 Gärditz, Europäisches Planungsrecht 11.
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Austrian Law Journal
Band 1/2016
- Titel
- Austrian Law Journal
- Band
- 1/2016
- Autor
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Herausgeber
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Ort
- Graz
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 19.1 x 27.5 cm
- Seiten
- 110
- Schlagwörter
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Kategorien
- Zeitschriften Austrian Law Journal