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ALJ 1/2016 Matthias Zußner 49
die Regulierungsbehörde mit Bescheid genehmigt44 und der von den Übertragungsnetzbetrei-
bern verpflichtend umzusetzen ist.45 Auf unionaler Ebene existiert flankierend eine Liste sog
„Vorhaben von gemeinsamen Interesse“ (engl Projects of Common Interest – PCI), die als Anhang
zur TEN-E-VO46 im EU-Verordnungsrang steht.47 Genehmigungsvorhaben, die für Vorhaben von
gemeinsamem Interesse erforderlich sind, werden auf nationaler Ebene von der sog Energie-
Infrastrukturbehörde koordiniert,48 soweit diese nach dem Recht eines Mitgliedstaates nicht
selbst Genehmigungsbehörde ist.49 Alle betroffenen Behörden haben die Genehmigungsanträge
für PCI außerdem prioritär zu behandeln,50 für eine effiziente Durchführung der Verfahren zu
sorgen und die Verfahren auch in einer bestimmten Zeit abzuschließen.51
Die bescheidförmige Genehmigung des Netzentwicklungsplans und die Aufnahme in die Unions-
liste der PCI substituieren zwar das anlagenrechtliche Genehmigungsverfahren für Stark-
stromwege einschließlich der einzelfallbezogenen Festlegung des konkreten Trassenverlaufs
nicht,52 mag der (partielle) Verlauf des einzureichenden Projektes auch im Einzelfall aufgrund
der topographischen Gegebenheiten und der Leitungslänge bereits faktisch vorgegeben sein.53
Jedenfalls entfalten aber sowohl die Genehmigung des Netzentwicklungsplans als auch die
Aufnahme in die PCI-Liste Wechselwirkungen für die materiell-rechtliche Bewertung des Bewil-
ligungsantrages durch die Starkstromwegerechtsbehörde im nachgelagerten anlagerechtlichen
Projektgenehmigungsverfahren: Denn einerseits gelten Vorhaben von gemeinsamem Interesse
schon kraft Art 7 TEN-E-VO als in einem öffentlichen, energiepolitischen Interesse gelegen54
und spricht kraft Genehmigungsvoraussetzungen des Netzentwicklungsplans andererseits
auch der Genehmigungsbescheid der Regulierungsbehörde für das Vorliegen eines öffentli-
chen, energiepolitischen Interesses an jenen Projektvorhaben, die im Netzentwicklungsplan
enthalten sind.55
44 § 38 ElWOG 2010; Storr, Investitionsverpflichtung auf Anforderung. Netzausbau in der Energiewirtschaft, in ders
(Hrsg), Neue Impulse für die Energiewirtschaft. Reform des Energierechts (2012) 73 (90); Micheler in Hauenschild
et al (Hrsg), ElWOG – Kommentar2 (2013) Anm zu § 37.
45 § 37 Abs 1 ElWOG 2010; Storr in ders 80 f; Lindermuth, Netzplanung 142. Zu den unionsrechtlich vorgegebenen
Sanktionen für die Netzbetreiber bei Nichteinhaltung der Netzentwicklungspläne und deren grundrechtlicher
Bewertung siehe etwa Schweditsch, Kapazitätsengpässe und Netzzugang, in Rensmann/Storr (Hrsg), Die Energie-
wende im rechtlichen Mehrebenensystem. Regionale, nationale und internationale Herausforderungen (2015)
145.
46 VO (EU) 347/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2013 zu Leitlinien für die transeu-
ropäische Energieinfrastruktur und zur Aufhebung der Entscheidung 1364/2006/EG und zur Änderung der Ver-
ordnungen (EG) 713/2009, (EG) 714/2009 und (EG) 715/2009, ABl L 115, 39 (im Folgenden kurz: TEN-E-VO).
47 Art 3 Abs 4 TEN-E-VO; vgl auch Schulev-Steindl, RdU 2014, 97. Zur TEN-E-VO im Allgemeinen und den Vorhaben
von gemeinsamem Interesse im Speziellen Heitzmann, Transeuropäische Netze: Staatliche Planung im österrei-
chischen Starkstromwegerecht, ALJ 1/2016, 1 (Kap. II. und insb Kap II.C.).
48 Art 8 Abs 1 TEN-E-VO.
49 Vgl in diesem Zusammenhang den vorgeschlagenen § 12 des Ministerialentwurfs eines Energieinfrastrukturge-
setzes (88/ME 25. GP).
50 Art 3 Abs 7 letzter Satz TEN-E-VO.
51 Art 10 TEN-E-VO.
52 Zur TEN-E-VO siehe Art 7-10 TEN-E-VO; Schulev-Steindl, RdU 2014, 97; zum Netzentwicklungsplan Lindermuth,
Netzplanung 198 f („anschließenden anlagerechtlichen Genehmigungsverfahren“), 200.
53 Lindermuth, Netzplanung 200; vgl auch Karbiner/Krennmayr, Gaswirtschaftliche Planung, in A. Hauer/Nußbaumer
(Hrsg), Österreichisches Raum- und Fachplanungsrecht (2006) 273 (278).
54 Dazu auch Schulev-Steindl, RdU 2014, 97, 99.
55 IdS auch Lindermuth, Netzplanung 200 f: „Ist das im starkstromwegerechtlichen Verfahren eingereichte Projekt im
Netzentwicklungsplan enthalten, attestiert die Genehmigung die Übereinstimmung mit den gesetzlichen Zielen
der technischen Notwendigkeit, Angemessenheit und Wirtschaftlichkeit. Ist ein Netzinvestition aber technisch
notwendig, dient sie auch dem öffentlichen Interesse der Versorgungssicherheit.“ Siehe in diesem Zusammen-
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Austrian Law Journal
Band 1/2016
- Titel
- Austrian Law Journal
- Band
- 1/2016
- Autor
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Herausgeber
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Ort
- Graz
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 19.1 x 27.5 cm
- Seiten
- 110
- Schlagwörter
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Kategorien
- Zeitschriften Austrian Law Journal