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ALJ 1/2016 Mona Philomena Ladler 83
haben.39 Jedenfalls irreführend ist zudem die Verwendung eines Gütesiegels oder Qualitätskenn-
zeichens ohne erforderliche Genehmigung40 und die unrichtige Behauptung, dass ein Unterneh-
men von einer öffentlichen oder privaten Stelle bestätigt, gebilligt oder genehmigt worden sei.41
Wird den Verpflichtungen aus der CMS-Zertifizierung nicht nachgekommen, bei Handlungen im
geschäftlichen Verkehr aber auf das Zertifikat verwiesen, ist eine Irreführung gem § 2 UWG gege-
ben. Eine CMS-Zertifizierung setzt die Erfüllung eindeutiger Verpflichtungen voraus, deren Einhal-
tung auch nachprüfbar ist. Wird das CMS-Zertifikat im geschäftlichen Verkehr verwendet, obwohl
keine Zertifizierung erlangt wurde oder ist die Zertifizierung abgelaufen, liegt eine irreführende
Geschäftspraktik gem Z 2 bzw Z 4 des Anhanges zum UWG vor. Dies kann in weiterer Folge zu
Unterlassungs- und Schadenersatzpflichten der Gesellschaft führen.42
B. Haftung bei CMS-Zertifizierung
Die Zertifizierung bewirkt im Außenverhältnis eine vertragliche Verpflichtung der Gesellschaft. Im
Innenverhältnis obliegt es der Geschäftsleitung, die Umsetzung der gesetzlichen und vertragli-
chen Verpflichtungen der Gesellschaft sicherzustellen. Eine Zertifizierung ist daher untrennbar
mit der Frage nach den Pflichten und der Haftung der Geschäftsführung verknüpft.
1. Haftungserhöhung
Eine Zertifizierung bewirkt zunächst eine Haftungserhöhung der Geschäftsleitung, weil der Um-
fang der einzuhaltenden Verpflichtungen umfassender wird. Wurde ein CMS-Zertifikat erworben,
ist die Geschäftsleitung im Rahmen ihrer Legalitätspflicht verpflichtet, sich vertragsgemäß zu
verhalten; maW sind die Umstände, die zu einer Zertifizierung geführt haben, aufrechtzuerhalten.
Handlungen entgegen des Vertrages können eine Pflichtverletzung durch die Geschäftsleitung
begründen und in weiterer Folge zu einer Haftung führen.
Eine Haftung des Geschäftsleiters kann zudem aus sondergesetzlichen Verpflichtungen resul-
tieren: Wird ein Zertifikat irreführend genutzt, ist die Gesellschaft nach dem UWG zu sanktionie-
ren. Da jedoch der Geschäftsleiter im Innenverhältnis für die Durchsetzung der gesetzlichen Ver-
pflichtungen verantwortlich ist, ist der Geschäftsleiter gegenüber der Gesellschaft zur Haftung
heranzuziehen. Schadenersatzpflichten der Gesellschaft können daher beim Geschäftsleiter
regressiert werden.43
2. Haftungsminderung
Zugleich kann eine CMS-Zertifizierung eine erhebliche Reduktion des Haftungsrisikos der Geschäfts-
leitung bewirken. Einer Zertifizierung liegt der Aufbau eines CMS anhand von Leitlinien zugrunde,
welche die Geschäftsleitung in Wahrnehmung ihrer Legalitäts- und Organisationsverantwortung
unterstützen. Die ISO 19600 bzw das CMS-Zertifizierungsschema enthalten konkrete Handlungs-
anweisungen, wodurch Risiken in der Gesellschaft leichter erkannt und unterbunden werden
39 Z 1 Anhang UWG.
40 Z 2 Anhang UWG.
41 Z 4 Anhang UWG.
42 § 1 Abs 5 UWG.
43 Siehe Jabornegg in Jabornegg/Strasser, AktG5 § 84 Rz 103 mwN.
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Austrian Law Journal
Band 1/2016
- Titel
- Austrian Law Journal
- Band
- 1/2016
- Autor
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Herausgeber
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Ort
- Graz
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 19.1 x 27.5 cm
- Seiten
- 110
- Schlagwörter
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Kategorien
- Zeitschriften Austrian Law Journal