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ALJ 2018 Open-Access-Veröffentlichungspflicht fĂŒr Dissertationen 9
fassung in § 42 UrhG die freie Werknutzung der VervielfÀltigung zum eigenen Gebrauch vorgese-
hen (Abs 1 leg cit). Sie durfte sogar entgeltlich auf Bestellung zum Gebrauch eines anderen
durchgefĂŒhrt werden, soweit es sich um ein ânicht erschienenes Werkâ der Literatur oder Tonkunst
handelte (Abs 3 leg cit).51 Abs 2 stellte jedoch schon damals sicher, dass eine VervielfÀltigung zum
eigenen Gebrauch dann nicht vorliegt, wenn das Werk mit Hilfe des VervielfĂ€ltigungsstĂŒckes der
Ăffentlichkeit zugĂ€nglich gemacht wird.
A. Die âDissertationsausnahmeâ: VervielfĂ€ltigung auf Bestellung zum
Gebrauch eines Dritten (1936)
Bereits in der Stammfassung sah § 42 Abs 3 UrhG die Möglichkeit der VervielfÀltigung auf Bestel-
lung zum Gebrauch eines anderen vor. Soweit Werke der Literatur oder Tonkunst vervielfÀltigt
wurden, war Entgeltlichkeit lediglich fĂŒr die VervielfĂ€ltigung durch Abschreiben bzw mit der
Schreibmaschine erlaubt; alle anderen Verfahren wurden hingegen auf die VervielfÀltigung klei-
ner Teile eines Werkes beschrÀnkt. Bemerkenswert ist, dass der Gesetzgeber aber schon damals
die VervielfÀltigung nicht erschienener oder vergriffener Werke gestattete, und zwar auch gegen
Entgelt (§ 42 Abs 3 letzter Halbsatz UrhG 1936). Die Materialien erlÀutern, dass die Norm auf die
Lösung der âPhotokopierfrageâ abzielte und ein Interessenausgleich mit dem Verlagsbuchhandel
bezweckt war.52 Daher sollte die entgeltliche VervielfÀltigung mittels technischer Verfahren auf
kleine Teile bzw nicht erschienene oder vergriffene Werke eingeschrÀnkt werden. Noch bemer-
kenswerter ist, dass Peter53 in seinem Kommentar aus dem Jahr 1954 schon damals Dissertatio-
nen ausdrĂŒcklich als nicht erschienene Werke beispielhaft anfĂŒhrt.
Man kann damit festhalten, dass nach Urheberrecht das VervielfÀltigen nicht erschienener Dis-
sertationen von Anfang an zum eigenen Gebrauch zulÀssig war und Kopien schon in den 1950er
Jahren auch auf Bestellung fĂŒr einen Dritten mittels neuer technischer Verfahren gegen Entgelt
angefertigt werden durften. Diese Ausnahme kann und soll daher als âDissertationsausnahmeâ
bezeichnet werden. Dissertationen waren damit bereits vor der Neuregulierung im UniStG zu-
gĂ€nglich, allerdings lediglich eingeschrĂ€nkt, nĂ€mlich ĂŒber konkrete Anfragen im Zuge einer Ver-
vielfÀltigung auf Bestellung. Eine breitere ZugÀnglichmachung in Form des Ausstellens oder Ver-
leihens der Dissertation seitens der Bibliothek war damit jedoch (noch) nicht verbunden.
B. VervielfÀltigung zum eigenen Gebrauch von Sammlungen (1996)
Mit der UrhG-Nov 1996 sollte, wie bereits oben erwĂ€hnt, die âzeitgemĂ€Ăe Neuordnung des Urhe-
berrechtsâ insb durch die Erweiterung der Regelung der VervielfĂ€ltigung zum eigenen Gebrauch
fortgesetzt werden.54 Neben der allgemeinen freien Werknutzung zum eigenen Gebrauch nach
§ 42 Abs 1, die weiterhin jedem die Möglichkeit eröffnete, von einem Werk einzelne VervielfÀlti-
gungsstĂŒcke herzustellen, wurden in § 42 Abs 3 Spezialbestimmungen fĂŒr den Schulgebrauch
und in § 42 Abs 4 die VervielfÀltigung zum eigenen Gebrauch von öffentlich zugÀnglichen Einrich-
tungen, die WerkstĂŒcke sammeln (âVervielfĂ€ltigung zum eigenen Gebrauch von Sammlungenâ), ge-
schaffen.
51 Die Bestimmung umfasste auch vergriffene Werke, auf die hier aber nicht weiter eingegangen werden soll.
52 ErlÀutRV UrhG 1936: Peter, Urheberrecht (1954) 473 (560).
53 Urheberrecht (1954) § 42 Rz 11 lit c.
54 ErlÀutRV 3 BlgNR 20. GP 10, 20.
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Austrian Law Journal
Band 1/2018
- Titel
- Austrian Law Journal
- Band
- 1/2018
- Autor
- Karl-Franzens-UniversitÀt Graz
- Herausgeber
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Ort
- Graz
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 19.1 x 27.5 cm
- Seiten
- 68
- Schlagwörter
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Kategorien
- Zeitschriften Austrian Law Journal