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ALJ 2021 Mobiliarsicherheiten 31
Vertrauen der Rechtsunterworfenen in die jeweilige Güter- und Gläubigerordnung als
unabdingbare Voraussetzung für das Funktionieren des Rechtsverkehres und damit den
Güteraustausch zu betrachten ist, bestehen wohl keine Zweifel, dass der Schutz dieser
Ordnung als zwingendes Erfordernis des Allgemeininteresses angesehen werden kann.52
3. Gläubigerschutz
Der Hauptzweck der österreichischen pfandrechtlichen Publizitätsvorschriften wird jedoch
vor allem in einem Schutz des Rechtsverkehres vor einer Fehlvorstellung über die
Kreditwürdigkeit des Pfandschuldners gesehen.53 Wohl auch daher wird in der Literatur
immer wieder auf das generelle Ziel des Gläubigerschutzes als Rechtfertigungsmöglichkeit
für eine Nichtanerkennung von publizitätslosen ausländischen Mobiliarsicherheiten
verwiesen.54
Sofern bereits verpfändete Sachen in der Gewahrsame des Schuldners verblieben, könnte
bei potentiellen Vertragspartnern nämlich „der falsche Eindruck erweckt werden, dass sich
eben jene Sachen noch im Haftungsfonds des Schuldners befinden.“55 Die
Publizitätsvorschriften sollen nun nach hA genau dies verhindern und eine allfällige Belastung
für den Rechtsverkehr erkennbar machen.56 Dabei gilt es anzumerken, dass hier nicht der
Schutz des (überindividuellen) Rechtsverkehres an sich im Vordergrund steht, sondern vor
allem der Schutz des Vertrauens einer konkreten Person als potentieller Gläubiger.57 Von
Spitzer wurde in dieser Hinsicht jüngst betont, dass es insbesondere darum gehe, eine aktive
Täuschung durch den Schuldner zu verhindern.58
Es besteht also zwar eine gewisse Überlappung zwischen dem möglichen
Rechtfertigungsgrund des Gläubigerschutzes und insbesondere jenem des Schutzes der
Güterordnung – in beiden Fällen nimmt das Publizitätsprinzip schließlich eine besonders
zentrale Rolle zum Schutz des Rechtsverkehres ein. Während es bei dem Schutz der
Güterordnung jedoch darum geht, den Rechtsverkehr vor inhaltlich unbekannten dinglichen
Sicherheiten zu bewahren, steht bei dem hier erörterten möglichen Rechtfertigungsgrund
des Gläubigerschutzes jener Aspekt des Publizitätsprinzipes im Mittelpunkt, welcher eine
Täuschung des Gläubigers in Bezug auf die Kreditwürdigkeit des Schuldners nicht nur durch
52 Vgl Kieninger, Mobiliarsicherheiten 174 f. In diesem Sinne wohl auch Akkermans/Ramaekers, Free Movement of Goods and
Property Law, European Law Journal 2013, 237 (249).
53 Vgl nur Fidler in Klang3 § 467 ABGB Rz 22; Wolkerstorfer in Klang3 § 451 ABGB Rz 3; Hinteregger/Pobatschnig in
Schwimann/Kodek, ABGB Praxiskommentar5 § 451 ABGB Rz 3; Aigner, Die Verpfändung mittels Übergabe durch Zeichen,
deren Entfernung und Wiederanbringung. Gedanken zum pfandrechtlichen Publizitätsprinzip, ÖJZ 2016, 293 (294);
Ronacher, JBl 2019, 445.
54 Siehe etwa Schacherreiter, ZfRV 2005, 181; Verschraegen in Rummel, ABGB3 § 31 IPRG Rz 29; Lurger, IPRax 2019, 563.
55 Wolkerstorfer in Klang3 § 451 ABGB Rz 3 (eigene Formatierung).
56 Vgl nur Faber, Entwicklungslinien und Entwicklungsperspektiven im Mobiliarsicherungsrecht (2014, bisher unveröffentlichte
Habilitationsschrift) 110 mwN; Aigner, ÖJZ 2016, 294 mwN; P. Bydlinski, Durchbrechungen des Publizitätsprinzips im
Mobiliarpfandrecht? ÖJZ 1986, 328; Wolkerstorfer in Klang3 § 451 ABGB Rz 2; Fidler in Klang3 § 467 ABGB Rz 22; Koch in
Koziol/P. Bydlinski/Bollenberger (Hrsg), Kurzkommentar zum ABGB6 (2020) § 451 ABGB Rz 3; Oberhammer/Domej in
Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.03 § 452 Rz 3.
57 Fidler in Klang3 § 467 ABGB Rz 47.
58 Spitzer, Zu Zweck, Wegfall und Wiederherstellung kreditsicherungsrechtlicher Publizität, JBl 2014, 556 (559).
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Austrian Law Journal
Band 1/2021
- Titel
- Austrian Law Journal
- Band
- 1/2021
- Autor
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Herausgeber
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Ort
- Graz
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 19.1 x 27.5 cm
- Seiten
- 59
- Schlagwörter
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Kategorien
- Zeitschriften Austrian Law Journal