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ALJ 2021 Lindenbauer 44
Es ist jedoch durchaus fraglich, ob der OGH derartige Fälle heute nicht anders beurteilen
würde. Bei der symbolischen Übergabe ist die Linie des Gerichtshofes nämlich bereits
wesentlich strenger geworden: Die nachträgliche Entfernung von Zeichen – welche
grundsätzlich mit der Rückstellung einer Pfandsache gleichzusetzen ist151 – macht eine
Verpfändung nach der neueren Rspr sachenrechtlich wirkungslos.152 In diesem Sinne ist man
sich in der Lehre mittlerweile grundsätzlich einig, dass ein dingliches Pfandrecht auch bei bloß
vorübergehender Rückstellung der Pfandsache unter Vorbehalt erlöschen (bzw ruhen) muss.
Die Bestimmung des § 467 ABGB sei dahingehend zu deuten, dass dem Pfandgläubiger in
derartigen Fällen nur ein obligatorischer Anspruch auf neuerliche Übergabe der Sache
erhalten bleibt.153
Wie ein Teil der Lehre ausdrücklich hervorhebt, muss dieser Ansatz konsequent und auf alle
Pfandrechtsarten einheitlich angewendet werden, um Wertungswidersprüche zu vermeiden.
Das Publizitätsprinzip könne seine Aufgabe nämlich nur dann vollständig erfüllen, wenn
Ausnahmen davon nicht zugelassen werden.154 Das Pfandrecht müsse daher sogar bei einer
Entziehung der Pfandsache gegen den Willen des Pfandgläubigers erlöschen. Aus der Sicht
eines Dritten hänge die Täuschungsgefahr ja nicht von der Willentlichkeit einer Rückstellung
ab.155 Derselbe Ansatz gelte auch bei der symbolischen Verpfändung und sei hier von der hL
und der stRspr bereits anerkannt.156 Folgt man diesen Überlegungen, welchen
uneingeschränkt zuzustimmen ist, so sind keinerlei Widersprüche zum grundsätzlich
strengen Faustpfandprinzip mehr erkennbar.
Festzuhalten bleibt daher an dieser Stelle, dass man in der Bestimmung des § 467 ABGB zwar
grundsätzlich eine Inkohärenz erblicken könnte, sofern man sich stark am Wortlaut orientiert
oder der OGH seine ältere Rechtsprechung bestätigen würde. Dem ist jedoch zu entgegnen,
dass die Judikatur des OGH zur Entfernung von Zeichen bereits wesentlich strenger wurde
und nach dem Gerichtshof eine möglichst weitgehende sachliche Gleichbehandlung beider
Arten der Pfandrechtsbegründung anzustreben ist.157 Eine Auslegung des § 467 ABGB,
wonach die dingliche Wirkung eines Pfandrechtes uU auch bei einer Rückstellung der
Pfandsache erhalten bleibt, erscheint angesichts dessen unzulässig.158 Als Resultat ist daher
auch in der Bestimmung des § 467 ABGB keine Inkohärenz zu sehen, welche einer
Europarechtskonformität der Nichtanerkennung von publizitätslosen ausländischen
Mobiliarsicherheiten entgegenstehen würde.
151 Vgl nur Hinteregger/Pobatschnig in Schwimann/Kodek, ABGB Praxiskommentar5 § 467 ABGB Rz 8 mwN.
152 Fidler in Klang3 § 467 ABGB Rz 26. Zur nachträglichen Entfernung von Zeichen s zB OGH 23.4.2014, 5 Ob 233/13w JBl 2014,
592.
153 Siehe etwa Iro/Riss, Sachenrecht7 Rz 12/4 mwN; Fidler in Klang3 § 467 ABGB Rz 27 f mwN; Koch in KBB6 § 467 ABGB Rz 3;
Aigner, ÖJZ 2016, 297 f mwN; Spitzer, JBl 2014, 560 ff mwN; P. Bydlinski, ÖJZ 1986, 333.
154 Fidler in Klang3 § 467 ABGB Rz 23, 28, 47 ff.
155 Spitzer, JBl 2014, 562 f. So auch schon P. Bydlinski, ÖJZ 1986, 333, welcher im Ergebnis allerdings dennoch Ausnahmen
gewähren will. Gegen ein Erlöschen bei einer Entziehung gegen den Willen des Pfandgläubigers Iro/Riss, Sachenrecht7
Rz 12/4; Schacherreiter, ZfRV 2005, 175 f.
156 Fidler in Klang3 § 467 ABGB Rz 45 ff. Siehe auch schon Spitzer, JBl 2014, 560 ff. Zum Ansatz bei der Entfernung von Zeichen
vgl Spitzer, JBl 2014, 563 ff; Aigner, ÖJZ 2016, 297 ff.
157 OGH 5 Ob 233/13w.
158 Vgl auch Spitzer, JBl 2014, 560 ff.
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Austrian Law Journal
Band 1/2021
- Titel
- Austrian Law Journal
- Band
- 1/2021
- Autor
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Herausgeber
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Ort
- Graz
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 19.1 x 27.5 cm
- Seiten
- 59
- Schlagwörter
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Kategorien
- Zeitschriften Austrian Law Journal