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Austrian Law Journal, Band 2/2015
Seite - 231 -
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Seite - 231 - in Austrian Law Journal, Band 2/2015

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ALJ 2/2015 Wolfgang Faber 231 ZulĂ€ssigkeit des einfachen Eigentumsvorbehalts nachtrĂ€glich zwar nur implizit, mE aber doch hinreichend deutlich legitimiert.79 Eine mögliche „ReservebegrĂŒndung“ fĂŒr die publizitĂ€tslose ZulĂ€ssigkeit des Eigentumsvorbehalts de lege lata sei hier nur kurz angeschnitten: Es lĂ€gen wohl alle Voraussetzungen fĂŒr eine Aner- kennung durch Gewohnheitsrecht vor.80 Die BegrĂŒndung von Vorbehaltseigentum durch Verein- barung und SachĂŒbergabe entspricht in Österreich einer allgemeinen, ĂŒber 100 Jahre wĂ€hrenden tatsĂ€chlichen Übung durch die Mitglieder der Rechtsgemeinschaft. Zudem wird man vom Bestehen einer allgemeinen Überzeugung der Rechtsgemeinschaft ausgehen dĂŒrfen, die Maxime, die dieser tatsĂ€chlichen Übung zugrunde liegt, sei rechtlich verbindlich (opinio iuris). Insb wird diese allge- meine RechtsĂŒberzeugung von den österreichischen Gerichten geteilt.81 Dass sich Vertreter der Rechtswissenschaft in den letzten Jahrzehnten kritisch geĂ€ußert haben82, dĂŒrfte der Annahme einer hinreichend verbreiteten RechtsĂŒberzeugung im Ergebnis nicht entgegenstehen. Die Kritik kam vielleicht auch bereits zu spĂ€t, dh zu einem Zeitpunkt, zu dem man die Bildung des Gewohn- heitsrechtssatzes bereits als abgeschlossen ansehen konnte. Ein dritter denkbarer BegrĂŒndungsweg scheidet hingegen aus: Von einem unionsrechtlichen Gebot der publizitĂ€tslosen (Dritt-)Wirksamkeit des einfachen Eigentumsvorbehalts wird man trotz ErwĂ€hnung des Eigentumsvorbehalts in der Zahlungsverzugs-RL und der EuInsVO nicht ausgehen können.83 Als Ergebnis kann festgehalten werden: Die lex lata ist, wenngleich sie erhebliche WertungsbrĂŒche aufweist, auch nach hier vertretener Auffassung eindeutig. Die Diskussion verlagert sich damit in die lex ferenda. 79 Vgl im Ergebnis bereits Mayrhofer, ÖJZ 1969, 202; F. Bydlinski in Klang2 IV/2, 452. 80 Vorsichtig in diese Richtung etwa Ch. Rabl in FS Bucher 614 f. 81 Dass die fĂŒr das Entstehen von Gewohnheitsrecht erforderliche RechtsĂŒberzeugung „unter den heutigen VerhĂ€lt- nissen, dh bei Bestand besonderer Rechtsanwendungsorgane, praktisch mit zureichender Nachhaltigkeit im allge- meinen nur dadurch entstehen [könne], dass diese Organe die zunĂ€chst im ‚organfernen‘ zwischenmenschlichen Verkehr entstandene RechtsĂŒberzeugung teilen und daher die betreffende Regel selbst anwenden“, betont F. Bydlinski, Methodenlehre2 215; dort auch zu den Entstehungsvoraussetzungen fĂŒr Gewohnheitsrecht im Allge- meinen. – Eine von Univ.-Prof. Dr. Peter Bydlinski, UniversitĂ€t Graz, angeregte methodische Grundsatzfrage, nĂ€mlich ob und wie sich Gewohnheitsrecht gegen zwingendes Recht (PublizitĂ€tserfordernis fĂŒr Sicherungsrechte) durch- setzen kann, sei hier angesichts des „Reservecharakters“ der gewohnheitsrechtlichen Rechtfertigung nur ange- deutet. Relevanz erlangt die Frage nur unter der PrĂ€misse, dass das zwingende PublizitĂ€tsgebot auch fĂŒr den Eigen- tumsvorbehalt Geltung beansprucht, was wiederum die ZulĂ€ssigkeit eines Analogieschlusses zu den pfandrecht- lichen §§ 451 f ABGB voraussetzt. FĂŒr das geltende Recht wurde ein solcher oben abgelehnt. FĂŒr den konkreten Anwendungsfall der bezeichneten Grundsatzfrage wĂ€re zudem zu beachten, dass die gesetzgeberische Willens- bildung im Zuge der EinfĂŒhrung von § 297a ABGB (die den Analogieschluss verwehrt) mit dem Beginn einer all- gemeinen RechtsĂŒberzeugung der Wirksamkeit des publizitĂ€tslosen Eigentumsvorbehalts (welche fĂŒr das Entstehen von Gewohnheitsrecht konstitutiv ist) zeitlich in etwa zusammenfallen dĂŒrfte. Zum Konflikt kommt es dann nicht oder nur vorĂŒbergehend, was zumindest einer leicht zeitversetzten Herausbildung von Gewohnheitsrecht nicht entgegenstehen wird, wobei sich die allgemeine RechtsĂŒberzeugung dann auch in der Anschauung des Gesetz- gebers widerspiegelt. Dass damit die erwĂ€hnte Grundsatzfrage nicht beantwortet, sondern ihr – wenn auch legiti- merweise – letztlich ausgewichen wird, ist dem Verfasser bewusst. 82 Vgl die Nw in FN 22. 83 Zu Art 4 Zahlungsverzugs-RL 2000/35/EG (nunmehr Art 9 Zahlungsverzugs-RL 2011/7/EU) vgl EuGH 26. 10. 2006, Rs C-302/05, Kommission/Italien, Slg 2006, I-10597, insb Rn 27 und 30: Die Bedingungen fĂŒr die GĂŒltigkeit der Eigen- tumsvorbehaltsklausel sowie die Voraussetzungen fĂŒr die Drittwirksamkeit des Eigentumsvorbehalts richten sich nach dem anwendbaren nationalen Recht, auf das Art 4 Abs 1 der RL verweist. In diesem Sinne etwa auch Wohl- gemuth, Vergemeinschaftung des Mobiliarsicherheitenrechts (2005) 69 ff; Kieninger, Die Zukunft des deutschen und europĂ€ischen Mobiliarkreditsicherungsrechts, AcP 208 (2008) 182 (184 f). Zu Art 7 EuInsVO (EG) 1346/2000 zB LĂŒer in Uhlenbruck/Hirte/Vallender (Hrsg), Insolvenzordnung – Kommentar14 (2015) Art 7 EuInsVO Rn 5 mwN.
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Austrian Law Journal Band 2/2015
Titel
Austrian Law Journal
Band
2/2015
Autor
Karl-Franzens-UniversitÀt Graz
Herausgeber
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Ort
Graz
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
19.1 x 27.5 cm
Seiten
100
Schlagwörter
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Kategorien
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