Seite - 137 - in Austrian Law Journal, Band 2/2016
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ALJ 2/2016 Kontrolle der EuropĂ€ischen Kommission gegenĂŒber ihren Mitgliedern 137
verabschiedete die Kommission dann einen geĂ€nderten Verhaltenskodex fĂŒr Kommissions-
mitglieder,5 mit dem sie die in Art 17 Abs 3 UAbs 3 EUV und Art 245 AEUV statuierten UnabhÀn-
gigkeitsverpflichtungen ihrer Mitglieder in einem prĂ€zisen Wohlverhaltenskodex fĂŒr aktive, aber
auch fĂŒr bereits ausgeschiedene, Kommissare zusammenfasste.6
WĂ€hrend aber Art 245 AEUV keine zeitliche Begrenzung fĂŒr die VerstĂ€ndigung der Kommission
durch einen ausgeschiedenen Kommissar bezĂŒglich dessen geplanter neuer BeschĂ€ftigung ent-
hĂ€lt, legt § 1.2. des Verhaltenskodex fĂŒr Mitglieder der Kommission (2011) Folgendes fest:
âEhemalige Kommissionsmitglieder, die nach Beendigung ihres Amtes oder nach ihrem RĂŒcktritt
beabsichtigen, innerhalb von 18 Monaten nach ihrem Ausscheiden eine berufliche TĂ€tigkeit auf-
zunehmen, haben die Kommission rechtzeitig, soweit möglich, innerhalb von mindestens vier Wo-
chen, davon in Kenntnis zu setzen. Die Kommission prĂŒft die Art der geplanten TĂ€tigkeit.
Steht die geplante TĂ€tigkeit im Zusammenhang mit dem Ressort des Kommissionsmitglieds, holt
die Kommission die Stellungnahme der Ethikkommission ein. Je nach Ergebnis entscheidet die
Kommission, ob die geplante TĂ€tigkeit mit Art 245 AEUV vereinbar ist.
Innerhalb von 18 Monaten nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt dĂŒrfen ehemalige Kommissare
fĂŒr ihr Unternehmen, ihre Kunden oder Arbeitgeber bei den Mitgliedern der Kommission und
deren Mitarbeitern in Fragen, fĂŒr die sie wĂ€hrend ihrer Amtszeit zustĂ€ndig waren, weder Lobby-
Arbeit betreiben, noch fĂŒr ihre Sache werben.â
Damit steht ein Kommissar lediglich innerhalb einer Frist von 18 Monaten nach seinem Aus-
scheiden aus der Kommission unter der Verpflichtung, dieser seine zukĂŒnftige BeschĂ€ftigung
rechtzeitig anzuzeigen. LĂ€sst er diese Frist von eineinhalb Jahren aber (bewusst) verstreichen und
nimmt erst danach eine neue berufliche TĂ€tigkeit auf, unterliegt er keiner Meldepflicht mehr. Die
allgemeine Verpflichtung, bei der Annahme einer zukĂŒnftigen BeschĂ€ftigung âehrenhaftâ und
âzurĂŒckhaltendâ zu sein, besteht aber ĂŒber diese Periode hinaus und begleitet einen ausgeschie-
denen Kommissar gleichsam sein gesamtes spÀteres Berufsleben.
EinschlÀgige Verdachtsmomente einer Verletzung von Standespflichten ausgeschiedener Kom-
missare werden von der EuropĂ€ischen Kommission unter Mithilfe des fĂŒnfköpfigen âAusschusses
unabhĂ€ngiger SachverstĂ€ndigerâ7 sowie der dreiköpfigen âEthikkommissionâ8 geprĂŒft. Letztere
wird immer dann befasst, wenn sich der ausgeschiedene Kommissar bei seiner zukĂŒnftigen be-
ruflichen TÀtigkeit in einem Bereich bewegt, der wÀhrend seiner aktiven Zeit als Mitglied der
Kommission zu seinem Portefeuille gehört hat.
Trotz dieser europarechtlichen Vorgaben scheint sich eine Reihe von Kommissaren und Kommis-
sarinnen in ihren beruflichen AktivitÀten als aktive Mitglieder der Kommission, aber auch nach
ihrem Ausscheiden aus der Kommission, nicht an diese Verpflichtungen gehalten zu haben, ohne
5 Verhaltenskodex fĂŒr Kommissionsmitglieder, K(2011)2904.
6 Vgl dazu Hummer, Wohlverhaltensregeln fĂŒr Lobbyisten: Von den Verhaltenskodizes zum gemeinsamen Transpa-
renz-Register von EuropÀischem Parlament und Kommission, EU-Infothek vom 14. 1. 2014; ders, Gelingt nun-
mehr die verpflichtende Erfassung von Lobbying-AktivitĂ€ten in der EU? ĂGfE, Policy Brief 16/2016.
7 Der vom EuropĂ€ischen Parlament am 27. 1. 1999 eingesetzte âAusschuss unabhĂ€ngiger Expertenâ erstellte
bereits am 15. 3. 1999 einen âErsten Bericht ĂŒber Anschuldigungen betreffend Betrug, MiĂmanagement und
Nepotismus in der EuropĂ€ischen Kommissionâ, http://www.europarl.europa.eu/experts/report1_de.htm (abge-
fragt am 20. 10. 2016).
8 Die durch Beschluss der Kommission C(2003) 3750 vom 21. 10. 2003 eingerichtete âAd Hoc Ethikkommissionâ
besteht gegenwÀrtig aus den drei unabhÀngigen Experten Christiaan Timmermans, Dagmar Roth-Behrendt und
Heinz Zourek (C[2016] 4507). Siehe dazu http://ec.europa.eu/transparency/ethics-for-commissioners/ad-hoc-ethical-
committee_en.htm (abgefragt am 20. 10. 2016).
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Austrian Law Journal
Band 2/2016
- Titel
- Austrian Law Journal
- Band
- 2/2016
- Autor
- Karl-Franzens-UniversitÀt Graz
- Herausgeber
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Ort
- Graz
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 19.1 x 27.5 cm
- Seiten
- 40
- Schlagwörter
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Kategorien
- Zeitschriften Austrian Law Journal