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Austrian Law Journal, Band 2/2017
Seite - 83 -
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ALJ 2/2017 Der digitalisierte Forscher 83 bestimmten Zeitraum – bspw von zwei Monographien in einem längeren und jeweils drei weite- ren Beiträgen und Vorträgen in kürzeren Zeiträumen und zur Antragstellung oder Erlangung der Bewilligung eines Drittmittelprojekts –, zu deren Evaluierung und dazu, dass er im Falle einer negativen Evaluierung einen Teil seines Gehaltes verliert, bewirkt diese vertragliche Vereinbarung eine von der Wissenschaftsfreiheit verpönte Lenkung wissenschaftlicher Forschung. Es ist dies zwar keine unmittelbare inhaltliche Lenkung, wohl aber eine durch Vorgabe der Publikations- und Verbreitungsform mittelbar erfolgende inhaltliche Steuerung. Die Wissenschaftsfreiheit wird durch die vertragliche Vereinbarung nicht „ausgeschaltet“. Es ist zwar richtig, dass der akademische Forscher über Privatautonomie verfügt, auch, dass er auf die Ausübung seiner Grundrechtspositionen verzichten kann.78 Dies ist aber nur zulässig, wenn die Grundrechtsposition überwiegend privatnützig79 ist, der Ausübungsverzicht freiwillig erfolgt und überdies nicht unverhältnismäßig ist.80 Dass die durch Art 17 Abs 1 StGG vermittelte Grundrechtsposition nicht überwiegend privatnützig ist, dass die „freie“ Wissenschaft vielmehr insb auch dem öffentlichen Interesse dient, zeigen nicht nur die Entstehungsgeschichte der Wissenschaftsfreiheit,81 sondern auch Art 81c B-VG82 und § 2 Universitätsgesetz 200283. Auch Freiwilligkeit wird bei Einwilligung in die wissenschafts- freiheitbeschränkenden Vertragsbestandteile in der Regel nicht vorliegen: Die Zahl der Professu- ren ist beschränkt. Es gibt mehrere zu reihende Bewerber. Hinter dem Erstgereihten lauern der Zweit- und Drittgereihte. Der Erstgereihte steht unter Druck, er hat keine Verhandlungsmacht; er wird in die wissenschaftsfreiheitsbeschränkenden Vertragsbestandteile einwilligen, will er in sei- nem angestammten Fach an einer öffentlichen Universität tätig sein. Demnach wird regelmäßig ein Kräfteungleichgewicht zwischen den Vertragsparteien bestehen. Ein solches Kräfteungleichgewicht bewirkt eine höhere Bindungsintensität der Schutzwirkungen der Wissenschaftsfreiheit: Vertragsbestimmungen, wie die in Rede stehende, werden daher als unverhältnismäßiger Eingriff, als Verletzung der Wissenschaftsfreiheit anzusehen sein, wenn der akademische Forscher dienst- bzw arbeitsrechtliche Konsequenzen bei Nichterreichung der ver- einbarten Forschungsleistungen zu gewärtigen hat und er nicht vergleichbare Forschungsleistun- gen in beliebiger Publikations- und Verbreitungsform erbringen kann. Demgegenüber begegnet eine Vertragsgestaltung, die Anreize zu besonderen, über den „im All- gemeinen erzielbare[n] Arbeitserfolg“84 hinausgehenden wissenschaftlichen Forschungsleistungen 78 Zum Grundrechtsausübungsverzicht siehe Merten, Der Verlust von Grundrechten, in Merten/Papier (Hrsg), Hand- buch der Grundrechte in Deutschland und Europa III (2009) § 73 Rz 24–74. 79 Siehe dazu auch Merten in Merten/Papier III § 73 Rz 37 mwN. 80 Siehe dazu grundlegend Korinek/Holoubek, Grundlagen staatlicher Privatwirtschaftsverwaltung (1993) 161; Korinek/ Holoubek, Bundesverfassungsrechtliche Probleme privatrechtsförmiger Subventionsverwaltung (Teil Ia), ÖZW 1995, 1 und Korinek/Holoubek, Bundesverfassungsrechtliche Probleme privatrechtsförmiger Subventionsverwal- tung (Teil II) ÖZW 1995, 108 (112). 81 „[D]ie Wissenschaft sei nicht eine Domaine von Wenigen, wie Manche zu glauben scheinen, sondern ein Gemeingut des Volkes, und eines der wichtigsten; aber nur ihre Freiheit mache sie zu einem Gut“ so Beseler in Droysen 19. 82 Art 81c B-VG bezeichnet die öffentlichen Universitäten als „Stätten freier wissenschaftlicher Forschung, Lehre und Erschließung der Künste“. Siehe bspw Mayer/Muzak, B-VG5 Art 81c I.2. „Die in [Art 81c] Abs 1 genannten Aufgaben, die von den öffentlichen Universitäten zu besorgen sind, sind ‚öffentliche Aufgaben‘; als solche stehen sie im Dienste der Allgemeinheit“ und die Nachweise in FN 35. 83 Nach § 2 Z 1 und 3 UG sind insb die Freiheit der Wissenschaften und ihrer Lehre (Art 17 Abs 1 StGG) und die Vielfalt wissenschaftlicher Theorien, Methoden und Lehrmeinungen leitende Grundsätze für die öffentlichen Universitäten bei der Erfüllung ihrer Aufgaben. 84 Siehe FN 77
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Austrian Law Journal Band 2/2017
Titel
Austrian Law Journal
Band
2/2017
Autor
Karl-Franzens-Universität Graz
Herausgeber
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Ort
Graz
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
19.1 x 27.5 cm
Seiten
108
Schlagwörter
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Kategorien
Zeitschriften Austrian Law Journal
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