Seite - 106 - in Austrian Law Journal, Band 2/2017
Bild der Seite - 106 -
Text der Seite - 106 -
ALJ 2/2017 Stefan Perner 106
II. Der Schutz von Persönlichkeitsrechten in der österreichischen
Rechtsordnung
Der Schutz von Persönlichkeitsrechten und die Frage nach den Folgen einer Persönlichkeits-
rechtsverletzung waren bislang schon in der analogen Welt ein breitgefächertes juristisches
Thema, das in den letzten Jahrzehnten zunehmend an Bedeutung gewonnen hat. Der Schutz von
Persönlichkeitsrechten im Internet wirft aus österreichischer Perspektive keine grundsätzlich
neuen Fragen auf. Vielmehr kann hier sogar auf die Stammfassung des ABGB aus dem Jahr 1811
zurückgegriffen werden. Im – immer noch unveränderten – § 16 ABGB findet sich nämlich die von
naturrechtlichen Vorstellungen geprägte Aussage, dass jeder Mensch angeborene, durch die
Vernunft einleuchtende Rechte habe und daher als eine Person zu betrachten sei. Diese Norm,
die zunächst als bloß programmatischer Grundsatz betrachtet wurde,4 wird mittlerweile von der
ständigen Rechtsprechung als die Zentralnorm der Rechtsordnung angesehen, die die Persön-
lichkeit als Grundwert anerkennt.5 Aus ihr wird – so wie aus anderen durch die Rechtsordnung
geschützten Grundwerten (zB Art 8 EMRK) – das jedermann angeborene Persönlichkeitsrecht auf
Achtung seines Privatbereiches und seiner Geheimsphäre abgeleitet.6
Daneben bestehen aber noch zahlreiche Einzelvorschriften im ABGB und in anderen Gesetzen,
die dem Schutz von Persönlichkeitsrechten dienen. Im Zusammenhang mit Persönlichkeitsverlet-
zungen in sozialen Medien sind hierbei allen voran der Schutz der Privatsphäre in § 1328a ABGB,
der Schutz der Ehre in § 1330 ABGB, der Bildnisschutz nach § 78 UrhG und der Persönlichkeits-
schutz gegenüber Medien in §§ 6 ff MedienG zu nennen. Vor diesem Hintergrund liegt die Bedeu-
tung des allgemein gehaltenen § 16 ABGB vor allem in seiner Auffangfunktion. Soweit das nicht
bereits durch besondere einfachgesetzliche Normen geschieht, transportiert § 16 ABGB die ver-
fassungsmäßig garantierten Grundrechte in das Privatrecht. Diese dienen nicht nur der Absiche-
rung der fundamentalen Freiheiten und Rechte der Bürger gegenüber der Staatsmacht, sondern
haben darüber hinaus auch Auswirkungen auf das Verhältnis der Bürger untereinander, indem
die durch sie verkörperten Wertungen bei der Auslegung und Lückenfüllung privatrechtlicher
Beziehungen zu berücksichtigen sind.7
Wegen des durch § 16 ABGB umfassend gewährleisteten Persönlichkeitsschutzes wird ein Unter-
lassungsanspruch gegen die Verletzung von Persönlichkeitsrechten auch in jenen Fällen ange-
nommen, in denen ein solcher Anspruch nicht ausdrücklich vorgesehen ist.8 Weitere mögliche
Rechtsfolgen sind bspw ein Anspruch auf Schadenersatz und ein Beseitigungsanspruch.9
III. Das Verhältnis von Datenschutz und Persönlichkeitsschutz
Das Grundrecht auf Datenschutz ist in Österreich als Bestimmung im Verfassungsrang direkt im
Datenschutzgesetz 2000 verankert (§ 1 DSG). Dort sind auch die konkreten Rechte des Betroffe-
nen normiert – nämlich der Anspruch auf Geheimhaltung und die Begleitrechte auf Auskunft,
Richtigstellung und Löschung bestimmter personenbezogener Daten.
4 Siehe nur Posch in Schwimann/Kodek (Hrsg), ABGB – Praxiskommentar4 (2011) § 16 ABGB Rz 1 mwN.
5 Schauer in Kletečka/Schauer (Hrsg), ABGB-ON1.02 § 16 Rz 5 mwN.
6 RIS-Justiz RS0008993; zB OGH 4 Ob 99/94 SZ 67/173.
7 OGH 8 Ob 108/05 y SZ 2005/185.
8 Posch in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 16 ABGB Rz 53 mwN.
9 Schauer in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.02 § 16 Rz 28 ff.
zurück zum
Buch Austrian Law Journal, Band 2/2017"
Austrian Law Journal
Band 2/2017
- Titel
- Austrian Law Journal
- Band
- 2/2017
- Autor
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Herausgeber
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Ort
- Graz
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 19.1 x 27.5 cm
- Seiten
- 108
- Schlagwörter
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Kategorien
- Zeitschriften Austrian Law Journal