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ALJ 2/2017 Cyber Crime â Der digitalisierte TĂ€ter 116
System ĂŒberwindet. Tut er dies, so liegt eine Strafbarkeit nach § 118a StGB sehr nahe. Denn er
handelt typischerweise auch in der Absicht, durch Verwendung des infiltrierten Computersys-
tems dem berechtigten Nutzer einen Nachteil zuzufĂŒgen. Ăberwindet der TĂ€ter hingegen keine
spezifische Sicherheitsvorkehrung, so scheidet eine Strafbarkeit nach § 118a StGB von Vornhe-
rein aus.
BeschÀdigt der TÀter beim Installieren des Schadprogramms vermögenswerte Daten am PC des
Opfers, so kann zumindest der Schutz der DatenbeschÀdigung nach § 126a StGB greifen. Ist aber
auch das nicht der Fall, so bleibt das unbefugte Eindringen in das fremde Computersystem und
das Infiltrieren mit dem Schadprogramm ohne strafrechtlichen Schutz. Erst die Tatsache, dass
das Opfer sein System wegen der Sperre nicht nutzen kann, wird strafrechtlich relevant. Durch
die softwaremĂ€Ăige Sperre hindert der TĂ€ter das Opfer nĂ€mlich am Zugang zu den eigenen Da-
ten. Da diese typischerweise zumindest Gebrauchswert haben werden, unterdrĂŒckt der TĂ€ter
daher idR von § 126a StGB geschĂŒtzte Daten in strafbarer Weise.30
Keine Beurteilungsschwierigkeiten bereitet hingegen nach der hM die Forderung des TĂ€ters, Geld
im Gegenzug fĂŒr die Aufhebung der Sperre zu bezahlen. Der TĂ€ter droht dem Opfer damit, den
Gebrauch des PC weiterhin zu verhindern, also das Vermögen des Opfers weiter zu verletzen,
und nötigt es so zur Zahlung einer gewissen Summe. Da die Aufhebung der Sperre im Gegenzug
zur Zahlung keine anrechenbare Gegenleistung ist, weil nur etwas geschieht, worauf der am PC
Berechtigte ohnedies einen begrĂŒndeten Anspruch hat, geht die hM in vergleichbaren FĂ€llen vom
Vorliegen einer Erpressung nach § 144 StGB aus.31 Folgte man hier der Mindermeinung, wÀre die
SchÀdigung des Betroffenen bereits mit der Sperre des PC eingetreten und die weitere Forde-
rung bestenfalls noch als Nötigung strafrechtlich relevant.32 Haben die TÀter allerdings gar nicht
vor, die Sperre fĂŒr den Fall der Zahlung des âLösegeldesâ tatsĂ€chlich aufzuheben, wĂ€re auch an
eine Strafbarkeit wegen Betruges zu denken. Auch bei dieser Fallkonstellation bewegt sich der
digitalisierte TĂ€ter somit letztlich im klassischen Strafrecht.
IV. Smart Cars und UnfÀlle
AbschlieĂend noch zu einem Beispiel aus dem FahrlĂ€ssigkeitsbereich, nĂ€mlich Smart Cars und
VerkehrsunfÀllen. Intelligente Autos sollen uns ua helfen, Sicherheitsrisiken rechtzeitig zu erken-
nen, uns vor Staus warnen usw. Nun ist es zwar denkbar, dass auch solche Autos bewusst dazu
missbraucht werden, um zB eine Massenkarambolage herbeizufĂŒhren. Spannender erscheint mir
aber die Frage, wie mit nicht vorsÀtzlichem Fehlverhalten umzugehen ist.
Intelligente Systeme in Autos wie zB Einparkhilfen können uns nur deshalb beim Fahren unter-
stĂŒtzen, weil sie durch Sensoren Umweltdaten aufnehmen, AbstĂ€nde messen, Geschwindigkeiten
anpassen etc. Funktioniert ein solches System nicht oder fÀllt es aus und kommt es deshalb zu
30 Die Störung der FunktionsfÀhigkeit eines Computersystems (§ 126b StGB) ist hingegen wohl wieder zu verneinen,
weil das System als solches nicht gestört ist. Es kann bloĂ im Moment ausschlieĂlich vom TĂ€ter genutzt werden.
31 Zur vergleichbaren Konstellation der âKunsterpressungâ siehe OGH 11 Os 3/07m SSt 2007/11 = EvBl 2007/86 =
JBl 2008, 198 (krit Schmoller); Eder-Rieder in Höpfel/Ratz, WK2 StGB (138. Lfg 2016) § 144 Rz 27; Fabrizy, StGB12
§ 144 Rz 3; Hintersteininger in Triffterer/Rosbaud/Hinterhofer, SbgK StGB36 § 144 Rz 33; Lewisch, Strafrecht BT I2
(2006) 222.
32 IdS Schmoller in Kienapfel/Schmoller (Hrsg), Studienbuch Strafrecht BT II (2003) § 144 Rz 44; auch die Nötigung
verneinend Flora in Leukauf/Steininger, StGB4 § 144 Rz 9; Venier, âKunsterpressungâ â ein vermögensstrafrechtli-
ches Paradoxon? JSt 2004, 73 ff (insb 74â76).
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Austrian Law Journal
Band 2/2017
- Titel
- Austrian Law Journal
- Band
- 2/2017
- Autor
- Karl-Franzens-UniversitÀt Graz
- Herausgeber
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Ort
- Graz
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 19.1 x 27.5 cm
- Seiten
- 108
- Schlagwörter
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Kategorien
- Zeitschriften Austrian Law Journal