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Austrian Law Journal, Band 2/2018
Seite - 75 -
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ALJ 2018 Lando Kirchmair 75 Die ErlĂ€utRV zum EnteignungsG zitieren den Verfassungsschutzbericht, welcher es nahelegt, das „Geburtshaus Hitlers im Gesamtkontext des Rechtsextremismus zu betrachten“.48 Neonazistische Gruppierungen zieht das Haus an. Sowohl „unauffĂ€llige“ als auch öffentlichkeitswirksame Besu- che im August 2015 sowie im MĂ€rz 2016 fanden und finden statt.49 So sieht es auch der VfGH als belegt an, „dass diese Liegenschaft geeignet ist, als ‚Pilger‘- oder IdentifikationsstĂ€tte zur Pflege (neo-) nationalsozialistischen Gedankengutes besucht zu werden, ihr diesbezĂŒglich sogar ein ‚Alleinstellungs- merkmal‘ zukommt“.50 Dieses Alleinstellungsmerkmal – in Österreich – scheint angesichts der Einmaligkeit des Ereignisses der Geburt und des immer noch zur Identifikation genutzten FĂŒhrer- kultes tatsĂ€chlich zutreffend zu sein. Somit liegt gemĂ€ĂŸ den ErlĂ€uterungen der „konkrete Bedarf der Enteignung darin eine bestimmte, verpönte Nutzung dauerhaft zu verhindern, wobei dieser Bedarf nur durch das gegenstĂ€ndliche Objekt gedeckt werden kann. Das öffentliche Interesse besteht in der dauerhaften Unterbindung der Pflege, Förderung oder Verbreitung nationalsozialistischen Gedanken- guts oder eines bejahenden Gedenkens an den Nationalsozialismus an diesem in historischer und rechtlicher Hinsicht speziellen Ort.“51 Pilgern als solches ist allerdings noch nicht verboten. Die Verhinderung des Tatbestandes der WiederbetĂ€tigung liegt im öffentlichen Interesse. FĂŒr das Verhalten, das diese Schwelle nicht erreicht, ist es allerdings fraglich, ob das öffentliche Interesse berĂŒhrt ist. WĂŒrde man dies beja- hen, wĂ€re es aufgrund des vom VfGH sehr abstrakt festgestellten öffentlichen Interesses nicht von vornherein auszuschließen, dass auch andere potenzielle PilgerstĂ€tten ins Visier staatlicher Enteignung gelangen. Das mag nach dieser Entscheidung, die erstmals Symbolik als Enteignungs- zweck zulĂ€sst, auch nicht unvorstellbar erscheinen. Eine Zunahme an Enteignungen aus derarti- gen GrĂŒnden wĂ€re allerdings aus grundrechtlicher Perspektive Ă€ußerst kritisch zu beurteilen. Eine Grenzziehung, welche PilgerstĂ€tte aus öffentlichem Interesse enteignet werden muss und welche nicht, mĂŒsste erfolgen – ein schwieriges Unterfangen.52 Es gilt folglich zu unterscheiden, was gesellschaftspolitisch unerwĂŒnscht und was (verfassungs-) rechtlich verboten ist. WĂ€hrend sich das öffentliche Interesse an letzterem an § 3 VerbotsG orien- tieren kann, kann ersteres nur unter die „kompromisslose Ablehnung des Nationalsozialismus“ als Grundhaltung der Republik subsumiert werden. § 3g VerbotsG53 wird noch nĂ€her spezifiziert durch § 3h, indem ergĂ€nzt wird, dass auch nach § 3g bestraft wird, „wer in einem Druckwerk, im Rundfunk oder in einem anderen Medium oder wer sonst öffentlich auf eine Weise, daß es vielen Men- schen zugĂ€nglich wird, den nationalsozialistischen Völkermord oder andere nationalsozialistische Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, gröblich verharmlost, gutheißt oder zu rechtfertigen sucht.“ Insofern das Geburtshaus Hitlers eben aufgrund der ihm durch das Ereignis der Geburt Hitlers zufallenden Symbolik auf besondere Art und Weise fĂŒr das Begehen von Straftaten miss- Aufrechterhaltung der Ordnung, des Schutzes der Moral und des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer in einer demokratischen Gesellschaft erforderlich“ [Hervorhebung im Original]. 48 ErlĂ€utRV 1250 BlgNR 25. GP. 49 ErlĂ€utRV 1250 BlgNR 25. GP. Vgl ebenso den Rechtsextremismus Bericht 2016 der GrĂŒnen (abrufbar unter https://www.gruene.at/themen/demokratie-verfassung/rechtsextremismus-bericht-2016-straftaten-verdoppelt/ rechtsextremismusbericht-2016-1.pdf) 42. 50 VfSlg 20.186/2017 Rz 33; Vgl dazu ebenso die ErlĂ€utRV 1250 BlgNR 25. GP mwN. 51 ErlĂ€utRV 1250 BlgNR 25. GP. 52 Wiederin (persönliche Korrespondenz) fragt in dieser Hinsicht pointiert, ob nun auch das CafĂ© Central enteignet werden könnte, weil Stalin dort lange Jahre Schach gespielt hat? 53 „Wer sich auf andere als die in den §§ 3a bis 3f bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betĂ€tigt“. Siehe dazu Birklbauer/Kneihs in Kneihs/Lienbacher, B-VG Art I Verbotsgesetz Rz 60–63 mwN, welche ua „die Glorifizierung der Person Adolf Hitlers und das Gutheißen seiner Lebensaufgabe“ aufzĂ€hlen und mwN in FN 393 geben.
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Austrian Law Journal Band 2/2018
Titel
Austrian Law Journal
Band
2/2018
Autor
Karl-Franzens-UniversitÀt Graz
Herausgeber
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Ort
Graz
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
19.1 x 27.5 cm
Seiten
94
Schlagwörter
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Kategorien
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