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ALJ 2021 Kepplinger 162
er sich nicht darauf berufen und der Vertrag bleibe gültig; ist der andere Teil dafür
verantwortlich, sei der Vertrag nichtig. Diese Irrtumslehre liegt dem Entwurf (III 1,18
u. 2176) und der Urfassung von § 871 ABGB zugrunde.77
Die zweite der heute in § 871 Abs 1 ABGB enthaltenen Anfechtungsalternativen dürfte eine
geistige Frucht von Schüler sein: Dieser weist bereits in der ersten Auflage
ohne erkennbares Vorbild
darauf hin, dass der Irrtumsveranlassung durch den anderen Teil jener Fall gleichzuhalten
ch schon zur Zeit der
Abschließung des Vertrages aus der Willenserklärung, oder aus der Natur der Sache offenbar
78 Die so gedachte Anfechtungsalternative findet sich in der Urfassung des ABGB
in § 876.79 Sie wurde im Zuge der III. TN aus systematischen Gründen in § 871
aufgenommen.80
B. Zur Einführung der dritten Anfechtungsalternative im Rahmen der
III. Teilnovelle
Auch die Möglichkeit einer Anfechtung von Rechtsgeschäften, weil der Irrtum
ist ein Resultat der III. TN. Im HHB (257) liest man dazu:
Gehalt der letzten Worte der in § 156 der Novelle vorgeschlagenen Fassung des § 871: Eine
bisher fehlende Ergänzung, nicht eigentlich eine Einschränkung, sondern Fortbildung des
Gedankens des Vertrauensschutzes, dahin, daß der Empfänger der irrigen Erklärung den
Irrenden nicht beim Worte nehmen kann, wenn ihm der Irrtum zwar nicht, wie § 876 sagte,
wurde, d.h. bevor er im Vertrauen auf die Erklärung gehandelt oder sich eingerichtet hatte
anders als in diesem Sinne werde
verstanden werden (s 36 gegen I, 12, 23,
Die Erläuterungen sind für das Verständnis der dritten Anfechtungsalternative essentiell: Erst
durch Lektüre der Materialien erhellt, wel
meint; nämlich jenen, in dem das Geschäft noch ist. Aufgrund der Vagheit des
Gesetzeswortlauts überrascht es nicht, dass die Formulierung des Novellenentwurfs, der
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der andern Partei vorzüglich gerichtet und auch erkläret worden ist, betroffen, so kann der Irregeführte durch ein, so
geartetes V
Versprechens für ungiltig gehalten werden, wenn der versprechende Theil allein Schuld an seinem Irrthum war. Er muß
alsdann die Folgen seiner Unwissenheit und seines nachlässigen Benehmens um so mehr selbst tragen, als ihm auch frei
77 sache, oder
eine wesentliche Beschaffenheit derselben betrifft, worauf die Absicht vorzüglich gerichtet und erklärt worden; so entsteht
78 AaO 146 f (§ 100). Näher zu Zeillers Irrtumslehre , in Forschungsband Zeiller 163 ff.
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871 und 876
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Austrian Law Journal
Band 2/2021
- Titel
- Austrian Law Journal
- Band
- 2/2021
- Autor
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 19.1 x 27.5 cm
- Seiten
- 48
- Schlagwörter
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Kategorien
- Zeitschriften Austrian Law Journal