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ALJ 3/2017 Ehrke-Rabel/Eisenberger/Hödl/Zechner 197
III. Bitcoin-Mining: Rechtliche Einordnung
A. Vorbemerkung
Der Coin „Bitcoin“ hat sich, wie manche Coins anderer Blockchain-Systeme, im Laufe der Zeit
insofern verselbständigt, als ihm von der Gesellschaft ein eigenständiger – von der jeweils vali-
dierten Transaktion unabhängiger – Wert zuerkannt wird. Dieser hat ihn zu einem handelbaren
Wirtschaftsgut und damit zu einer sog „virtuellen Währung“ oder „Kryptowährung“ gemacht.
Ganz im Sinne der Aussagen des EuGH in der Rs Hedqvist ist dies nur deshalb geschehen, weil
diejenigen, die Bitcoin verwendet haben, ihnen die Qualität einer Währung (eines handelbaren
Wirtschaftsgutes) beigelegt haben.72 Das Bitcoin-System lebt somit allein von der Akzeptanz sei-
ner NutzerInnen. Ein oft zitiertes Beispiel, das die Verbindung zwischen virtueller und realer Welt
sichtbar macht, ist der am 17. 5. 2010 durch den User Laszlo Hanyecz mittels Bitcoin-Transaktion
durchgeführte Pizza-Kauf um 10.000 BTC.73
Angesichts der Anerkennung von Bitcoin als Zahlungsmittel verschafft erfolgreiches Mining dem
Miner einen wirtschaftlichen Vorteil in Form von neuen und von Transakteuren ausgelobten Bit-
coin, die auch außerhalb des Bitcoin-Netzwerks genützt werden können. Wo wirtschaftliche Vor-
teile entstehen, kann sich ordnungsrechtlicher Regulierungsbedarf ergeben und Besteuerung
anknüpfen.74
B. Bisherige Debatte: Eine gewerbliche Tätigkeit
Das Mining besteht – wie dargelegt – darin, Bitcoin-Transaktionen zwischen zwei Vertragsteilen
mittels Rechenleistung und Energie durchzuführen. Dafür erhält der erfolgreiche Miner als Ver-
gütung Bitcoin. Um diese Tätigkeit entfalten zu können, bedarf es, wie oben beschrieben, des
Einsatzes von Hochleistungshardware und der Bitcoin-Software.75
Die Annahme, dass Menschen minen, um neue Bitcoin und damit eine Vergütung für ihre Validie-
rungsleistung zu generieren, erscheint also gerechtfertigt.
Petutschnig76 geht daher davon aus, dass das Mining im Regelfall als gewerbliche Tätigkeit zu
qualifizieren ist und zu Einkünften aus Gewerbebetrieb iSd § 23 EStG77 führt. Dass der Miner
seine Leistungen nicht aktiv am Markt anbietet, sondern sich bloß mit Hilfe seiner Ressourcen
(Hardware und Energie) an einem durch eine bestimmte Software gesteuerten und von allen
NutzerInnen mittels Rechenleistung beherrschten System beteiligt und seine VertragspartnerIn-
nen nicht namentlich kennt, soll nach dieser Auffassung dem für die Erzielung von Einkünften
konstitutiven Erfordernis der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht abträg-
72 EuGH 16. 7. 2015, C-264/14, Hedqvist, Rz 27 f, 49.
73 Aufgrund der Kursentwicklung wäre das heute ein Eurobetrag in Millionenhöhe. Zum Stichtag 13. 11. 2017 ent-
sprachen 10.000 Bitcoin (BTC) einem Wert von 55.303.390,68 EUR (Coinmill, Währungsumrechner https://de.coin-
mill.com/BTC_EUR.html#BTC=10000 [abgefragt am 1. 2. 2018]).
74 So schon Ehrke-Rabel/Eisenberger/Hödl/Pachinger/Schneider, Kryptowährungen, Blockchain und Smart Contracts
(Teil II), jusIT 2017, 129.
75 Petutschnig, Sind Bitcoins ertragsteuerpflichtig? ÖStZ 2014, 353 (357).
76 Petutschnig, ÖStZ 2014, 357.
77 Bundesgesetz v 7. 7. 1988 über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (EStG 1988) BGBl
1988/400 idF BGBl I 2017/125.
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Austrian Law Journal
Band 3/2017
- Titel
- Austrian Law Journal
- Band
- 3/2017
- Autor
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Herausgeber
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Ort
- Graz
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 19.1 x 27.5 cm
- Seiten
- 66
- Schlagwörter
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Kategorien
- Zeitschriften Austrian Law Journal