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ALJ 3/2017 Bitcoin-Miner als Prosumer: Eine Frage staatlicher Regulierung? 212
ĂŒber ein MindestmaĂ an Organisation, das es befĂ€higt, seine Leistungen (Angebot eines GlĂŒcks-
spiels) zu erbringen.
Als gemeinschaftlicher Zweck kommen beim Bitcoin-Netzwerk die Ermöglichung von Transaktio-
nen ohne Einschaltung von IntermediÀren und die Ausgabe einer KryptowÀhrung, die im Wirt-
schaftsleben als Zahlungsmittel verwendet wird, in Betracht.203 Dieser Zweck wird tatsÀchlich
verfolgt, indem das System gemeinsam verwaltet und aufrechterhalten wird. Der zu leistende
Beitrag im Bitcoin-Netzwerk kann im Einsatz von Rechenleistung (Energie) zur Teilnahme, in der
Einsicht und der Zur-Kenntnisnahme von Transaktionen durch die NetzwerkteilnehmerInnen
gesehen werden.204 Das Bitcoin-Netzwerk und damit auch der selbstÀndige Wert der Bitcoin kann
nur durch die AktivitÀten sÀmtlicher TeilnehmerInnen im Netzwerk aufrechterhalten werden. In
diesem Sinn verfolgen sÀmtliche NetzwerkteilnehmerInnen, sowohl die einfachen TeilnehmerIn-
nen als auch die Miner, ein gemeinschaftliches Interesse.
Miner stellen in diesem Bitcoin-Netzwerk eine besondere Art von Mitgliedern dar: Durch den
Einsatz besonderer Hardware und zusÀtzlicher Rechenleistung eröffnet sich ihnen die Chance auf
Erlangung neuer Bitcoin, welche die ĂŒbrigen NutzerInnen nicht haben. Dadurch erlangen die
Miner die Chance auf einen zusĂ€tzlichen Vorteil aus dem Netzwerk, der ĂŒber den primĂ€ren Zweck
des Netzwerks, nÀmlich die Ermöglichung von nachvollziehbaren und unverÀnderbaren (validen)
Transaktionen, hinausgeht. Der einzelne Miner hat somit ein ĂŒber die bloĂe Mitgliedsstellung
hinausgehendes erhebliches Interesse, mit der Beteiligung am Bitcoin-Netzwerk (an der GesbR)
ErtrÀge zu seiner eigenen privaten Verwendung zu erzielen.
Dadurch stehen die Miner trotz gemeinschaftlicher Zweckverfolgung auch in Konkurrenz zuei-
nander. Dies verwĂ€ssert den gemeinschaftlichen Zweck nicht. FĂŒr die Annahme einer GesbR
schadet es nicht, wenn die GesellschafterInnen unterschiedliche oder sogar gegensÀtzliche Inte-
ressen verfolgen.205 Hinzukommt, dass die TĂ€tigkeit des einzelnen Miners nicht nur zu dessen
potentiellem eigenen Nutzen, sondern auch zum Nutzen des Netzwerks â und damit auch der
einfachen NetzwerkteilnehmerInnen â gereicht. Der Wert der erlangten Bitcoin steigt nĂ€mlich mit
der Nachfrage: Je mehr Miner tÀtig sind und je höher die Nachfrage, desto höher ist der (Ein-
tausch-)Wert der sich im Umlauf befindlichen Bitcoin. Insofern liegt es im wirtschaftlichen Inte-
resse aller Nutzer, dass viele Miner und andere NutzerInnen im System aktiv sind.
Der Miner kann somit als âdoppelgesichtigâ bezeichnet werden: Einerseits ist er als Mitglied des
Netzwerks am Funktionieren und Bestehen des Netzwerks interessiert und bietet damit als Teil
des Netzwerks die Chance auf einen Reward fĂŒr Mining-AktivitĂ€ten an, andererseits nimmt er
durch seinen erhöhten Einsatz als Miner am Netzwerk teil, um die Chance auf den Reward selbst
zu erwerben.206 Der Miner nimmt somit einerseits an der âProduktionâ des Rewards teil und an-
dererseits âkonsumiertâ er den Reward selbst, indem er sich durch Einsatz zusĂ€tzlicher Leistung
203 Dies wird auch in Nakamotos White Paper als Zweck der Erfindung genannt (Nakamoto, Bitcoin 1).
204 Es steht im Ermessen der GesellschafterInnen diese BeitrÀge zu bewerten (Artmann in Fenyves/Kerschner/Vonkilch,
ABGB (Klang)3 § 1182 Rz 25 mwN).
205 Wahle in Klang (Hrsg), Kommentar zum Allgemeinen BĂŒrgerlichen Gesetzbuch2 V (1954) 507; Artmann in Fenyves/
Kerschner/Vonkilch, ABGB (Klang)3 § 1175 Rz 47.
206 Tapscott/Tapscott, Blockchain Revolution 37, sprechen von einem Paradoxon.
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Austrian Law Journal
Band 3/2017
- Titel
- Austrian Law Journal
- Band
- 3/2017
- Autor
- Karl-Franzens-UniversitÀt Graz
- Herausgeber
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Ort
- Graz
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 19.1 x 27.5 cm
- Seiten
- 66
- Schlagwörter
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Kategorien
- Zeitschriften Austrian Law Journal