Seite - 29 - in Amerika
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Eigentum war. Als er es in seinem Zimmer hatte und die ersten Töne
anschlug, bekam er eine so närrische Freude, daß er, statt weiterzuspielen,
aufsprang und aus einiger Entfernung, die Hände in den Hüften, das Klavier
lieber anstaunte. Auch die Akustik des Zimmers war ausgezeichnet und sie
trug dazu bei, ein anfängliches kleines Unbehagen, in einem Eisenhause zu
wohnen, gänzlich verschwinden zu lassen. Tatsächlich merkte man auch im
Zimmer, so eisenmäßig das Gebäude von außen erschien, von eisernen
Baubestandteilen nicht das geringste, und niemand hätte auch nur eine
Kleinigkeit in der Einrichtung aufzeigen können, welche die vollständigste
Gemütlichkeit irgendwie gestört hätte. Karl erhoffte in der ersten Zeit viel von
seinem Klavierspiel und schämte sich nicht, wenigstens vor dem Einschlafen
an die Möglichkeit einer unmittelbaren Beeinflussung der amerikanischen
Verhältnisse durch dieses Klavierspiel zu denken. Er klang ja allerdings
sonderbar, wenn er vor den in die lärmerfüllte Luft geöffneten Fenstern ein
altes Soldatenlied seiner Heimat spielte, das die Soldaten am Abend, wenn sie
in den Kasernenfenstern liegen und auf den finsteren Platz hinausschauen,
von Fenster zu Fenster einander zusingen – aber sah er dann auf die Straße, so
war sie unverändert und nur ein kleines Stück eines großen Kreislaufes, das
man nicht an und für sich anhalten konnte, ohne alle Kräfte zu kennen, die in
der Runde wirkten. Der Onkel duldete das Klavierspiel, sagte auch nichts
dagegen, zumal sich Karl, auch nach seiner Mahnung, nur selten das
Vergnügen des Spiels gönnte; ja, er brachte Karl sogar Noten amerikanischer
Märsche und natürlich auch der Nationalhymne, aber allein aus der Freude an
der Musik war es wohl nicht zu erklären, als er eines Tages ohne allen Scherz
Karl fragte, ob er nicht auch das Spiel auf der Geige oder auf dem Waldhorn
lernen wolle.
Natürlich war das Lernen des Englischen Karls erste und wichtigste
Aufgabe. Ein junger Professor einer Handelshochschule erschien morgens um
sieben Uhr in Karls Zimmer und fand ihn schon an seinem Schreibtisch und
bei den Heften sitzen oder memorierend im Zimmer auf und ab gehen. Karl
sah wohl ein, daß zur Aneignung des Englischen keine Eile groß genug sei
und daß er hier außerdem die beste Gelegenheit habe, seinem Onkel eine
außerordentliche Freude durch rasche Fortschritte zu machen. Und tatsächlich
gelang es bald, während zuerst das Englische in den Gesprächen mit dem
Onkel sich auf Gruß und Abschiedsworte beschränkt hatte, immer größere
Teile der Gespräche ins Englische hinüberzuspielen, wodurch gleichzeitig
vertraulichere Themen sich einzustellen begannen. Das erste amerikanische
Gedicht, die Darstellung einer Feuersbrunst, das Karl seinem Onkel an einem
Abend rezitieren konnte, machte diesen tiefernst vor Zufriedenheit. Sie
standen damals beide an einem Fenster in Karls Zimmer, der Onkel sah
hinaus, wo alle Helligkeit des Himmels schon vergangen war, und schlug im
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Buch Amerika"
Amerika
- Titel
- Amerika
- Autor
- Franz Kafka
- Datum
- 1927
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 212
- Schlagwörter
- Der Verschollene, Literatur, Schriftsteller, Erzählung
- Kategorien
- Weiteres Belletristik