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Eigentum war. Als er es in seinem Zimmer hatte und die ersten Töne anschlug, bekam er eine so nĂ€rrische Freude, daß er, statt weiterzuspielen, aufsprang und aus einiger Entfernung, die HĂ€nde in den HĂŒften, das Klavier lieber anstaunte. Auch die Akustik des Zimmers war ausgezeichnet und sie trug dazu bei, ein anfĂ€ngliches kleines Unbehagen, in einem Eisenhause zu wohnen, gĂ€nzlich verschwinden zu lassen. TatsĂ€chlich merkte man auch im Zimmer, so eisenmĂ€ĂŸig das GebĂ€ude von außen erschien, von eisernen Baubestandteilen nicht das geringste, und niemand hĂ€tte auch nur eine Kleinigkeit in der Einrichtung aufzeigen können, welche die vollstĂ€ndigste GemĂŒtlichkeit irgendwie gestört hĂ€tte. Karl erhoffte in der ersten Zeit viel von seinem Klavierspiel und schĂ€mte sich nicht, wenigstens vor dem Einschlafen an die Möglichkeit einer unmittelbaren Beeinflussung der amerikanischen VerhĂ€ltnisse durch dieses Klavierspiel zu denken. Er klang ja allerdings sonderbar, wenn er vor den in die lĂ€rmerfĂŒllte Luft geöffneten Fenstern ein altes Soldatenlied seiner Heimat spielte, das die Soldaten am Abend, wenn sie in den Kasernenfenstern liegen und auf den finsteren Platz hinausschauen, von Fenster zu Fenster einander zusingen – aber sah er dann auf die Straße, so war sie unverĂ€ndert und nur ein kleines StĂŒck eines großen Kreislaufes, das man nicht an und fĂŒr sich anhalten konnte, ohne alle KrĂ€fte zu kennen, die in der Runde wirkten. Der Onkel duldete das Klavierspiel, sagte auch nichts dagegen, zumal sich Karl, auch nach seiner Mahnung, nur selten das VergnĂŒgen des Spiels gönnte; ja, er brachte Karl sogar Noten amerikanischer MĂ€rsche und natĂŒrlich auch der Nationalhymne, aber allein aus der Freude an der Musik war es wohl nicht zu erklĂ€ren, als er eines Tages ohne allen Scherz Karl fragte, ob er nicht auch das Spiel auf der Geige oder auf dem Waldhorn lernen wolle. NatĂŒrlich war das Lernen des Englischen Karls erste und wichtigste Aufgabe. Ein junger Professor einer Handelshochschule erschien morgens um sieben Uhr in Karls Zimmer und fand ihn schon an seinem Schreibtisch und bei den Heften sitzen oder memorierend im Zimmer auf und ab gehen. Karl sah wohl ein, daß zur Aneignung des Englischen keine Eile groß genug sei und daß er hier außerdem die beste Gelegenheit habe, seinem Onkel eine außerordentliche Freude durch rasche Fortschritte zu machen. Und tatsĂ€chlich gelang es bald, wĂ€hrend zuerst das Englische in den GesprĂ€chen mit dem Onkel sich auf Gruß und Abschiedsworte beschrĂ€nkt hatte, immer grĂ¶ĂŸere Teile der GesprĂ€che ins Englische hinĂŒberzuspielen, wodurch gleichzeitig vertraulichere Themen sich einzustellen begannen. Das erste amerikanische Gedicht, die Darstellung einer Feuersbrunst, das Karl seinem Onkel an einem Abend rezitieren konnte, machte diesen tiefernst vor Zufriedenheit. Sie standen damals beide an einem Fenster in Karls Zimmer, der Onkel sah hinaus, wo alle Helligkeit des Himmels schon vergangen war, und schlug im 29
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Amerika
Title
Amerika
Author
Franz Kafka
Date
1927
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
212
Keywords
Der Verschollene, Literatur, Schriftsteller, ErzÀhlung
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Der Heizer 3
  2. Der Onkel 26
  3. Ein Landhaus bei New York 38
  4. Weg nach Ramses 67
  5. Hotel Occidental 89
  6. Der Fall Robinson 105
  7. Ein Asyl 137
  8. Das Naturtheater von Oklahoma 182
  9. Fragmente 199
    1. I. 199
    2. II. Ausreise Bruneldas 208
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