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Anna Freud - Gedichte – Prosa – Übersetzungen
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ANNA FREUDS LITERARISCHE TExTE EINFÜHRUNG 41 dem achten und zehnten Lebensjahr (…) beginnt unser Kind eine neue Art von Phantasietätigkeit, deren Ergebnisse es selbst zum Unterschied von der häßlichen Schlagephantasie als seine ›schönen Geschichten‹ bezeichnet. Diese ›schönen Geschichten‹ malen – so erscheint es der ersten Beobach- tung – lauter angenehme, heitere Szenen aus und bringen Beispiele von menschenfreundlichem, liebevollem und gütigem Verhalten. (…) Die Voll- endung jeder der in sich geschlossenen Einzelszenen wird regelmäßig von einem starken und durch kein Schuldgefühl getrübten Glücksgefühl beglei- tet, von einem autoerotischen Akt ist dabei keine Rede mehr. Diese Art der Phantasietätigkeit kann infolgedessen ungestört einen immer breiteren Raum im Leben des Kindes einnehmen.172 Allmählich habe das Mädchen diese ›schönen Geschichten‹ zu fortgesetzten Tagträumen ausgebaut: Eine darunter war die hauptsächliche und wichtigste, in der die größte Zahl von Gestalten beschäftigt war, die sich durch die längste Reihe von Jahren erhielt, verschiedene Veränderungen durchmachte und – ähnlich wie die Sagenkreise in der Mythologie – selber wieder Abzweigungen bildete, die zu beinahe selbständigen Geschichten mit zahlreichen Einzelsituationen ausgestaltet wurden. Neben dieser großen Geschichte bestanden dann ver- schiedene kleine, mehr oder weniger bedeutungsvolle, die mit ihr abwech- selten, alle aber nach demselben Muster gebildet. Um nun näher in den Bau eines solchen Tagtraums einzudringen, greife ich als Beispiel die kürzeste der schönen Geschichten heraus, die sich wegen ihrer Übersichtlichkeit und Abgeschlossenheit am besten für die Zwecke dieser Mitteilung eignen wird. Unserem jetzt vierzehn- oder fünfzehnjährigen Mädchen gerät (…), nachdem es bereits mehrere fortgesetzte Tagträume entwickelt hat und nebeneinander fortführt, durch Zufall ein Knabenbuch (…) in die Hand, in dem sich unter anderem auch eine wenige Seiten umfassende Geschichte aus der Ritterzeit findet. (…) Ihre Phantasie bemächtigt sich (…) sofort der verschiedenen Gestalten und aller in der Erzählung gebotenen äußeren Umstände, macht sie sich ganz zu eigen, spinnt die Handlung weiter aus und räumt ihr, ganz wie einem spontanen eigenen Phantasieprodukt, einen nicht unbedeutenden Platz in der Reihe ihrer schönen Geschichten ein. (…) Der in der Rittergeschichte verwendete Stoff war der folgende: Ein mit- telalterlicher Burggraf führt einen längeren Kampf mit einer Anzahl von 172 Anna Freud, Schlagephantasie und Tagtraum, S 146
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Anna Freud Gedichte – Prosa – Übersetzungen
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Anna Freud
Untertitel
Gedichte – Prosa – Übersetzungen
Herausgeber
Brigitte Spreitzer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79497-4
Abmessungen
13.5 x 21.0 cm
Seiten
144
Schlagwörter
Anna Freud, Psychoanalyse, Literatur, Frauengeschichte, Geschichte des Judentums, Wiener Moderne
Kategorien
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