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3 AntimuslimischerRassismusalsanalytischesKonzept 79
benruft–unddestruktiv, indemerbestimmteMenschengewaltvollandiese
Figurenbindetund ihnendasvollständigeMenschseinabspricht.
3.5.2 RassismusproduziertSelbstbilder
Rassismus produziert nicht nur seinObjekt, sondern entwirft zugleich ein
Selbstbild des Eigenen.DieVeranderung beinhaltet einen »Selbsterzeugungs-
mechanismus« (Reuter2002: 148;Herv. i.O.).YaseminShoomandemonstriert
dies fürdenantimuslimischenRassismusanhandder ›Leitkultur-Debatte‹ in
der BundesrepublikDeutschland. »Leitkultur« sei ein »schillernder Begriff«
und eine »semantische Leerstelle […], die jede_r nach seinenoder ihrenBe-
dürfnissenfüllenkann.«DieFigurdes/dermuslimischenAnderenspieleda-
bei eineSchlüsselrolle alsGrenzmarkierungvonEigenemundFremdemin-
nerhalbderGesellschaft: »DerantimuslimischeRassismusdientdamitnicht
nur der Abgrenzungnach außen, sondern auch einer Selbstvergewisserung
undIdentitätsstiftungnach innen« (Shooman2011: 67).Die französischeSo-
ziologinColletteGuillauminhatbereits 1972daraufhingewiesen,dassdiese
FunktiondesRassismuszweiModalitätenkennt.Siebezeichnet rassistische
Ideologien,indenendieeigeneIdentitätexplizitaufgewertetwird–sienennt
dennationalsozialistischenArier-Mythos alsBeispiel–als »auto-referentia-
listisch«. ZeitgenössischeModalitäten des Rassismus in Europa tendierten
dagegen eher zu »altero-referentialistischen« Formen, in denen, die eigene
Identitätunbestimmtgelassenwird:»rassistischesDenkenistjetztauf›Ande-
re‹stattaufdas ›Selbst‹zentriert« (Guillaumin1995b[1972]:29).RobertMiles,
PionierdermarxistischorientiertenRassismusforschung inden 1980er Jah-
ren,nanntedies auchden»dialektischenCharakter« rassistischer Ideologie:
»InderRepräsentationdesAnderenspiegeltsichzugleichdasBilddesSelbst«
(Miles 2000: 24).Mark Terkessidis entwickelte in den 2000er JahrenMiles’
Rassismusverständnis imbundesdeutschenKontextweiterund stellt diesen
Aspektbesondersanschaulichdar.Er spricht voneinem»PoolderWerte […]
diebestimmen,wasmanzueinemgegebenenZeitpunktineinerGesellschaft
tunundwasman lassensoll«,undfährt fort:
»Die Anderen bilden stets das spiegelverkehrte Gegenüber dieserWerte.
Wenn Zivilisation in der Gesellschaft als hohes Gut gilt, dann gelten die
Anderenalsprimitiv;wennFleißeinebesondereRelevanzhat,dannwerden
sie als faul betrachtet; wenn Toleranz eine wichtige Verhaltensmaxime
darstellt,dannerscheinensieals intolerant«(Terkessidis2004:105).
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Titel
- Im Namen der Emanzipation
- Untertitel
- Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Autor
- Benjamin Opratko
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 366
- Schlagwörter
- Rassismus, Österreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Kategorien
- Weiteres Belletristik