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3 AntimuslimischerRassismusalsanalytischesKonzept 85
3.5.4 RassismusohneRassen
BevorwirunsdenFunktionsweisendesantimuslimischenRassismusaushe-
gemonietheoretischer Sicht zuwenden,muss jedochnoch einkonzeptionel-
lesProblembehandeltwerden,das inderbisherigenDiskussionausgeklam-
mert wurde. Bislang wurden in diesemKapitel überwiegend Erkenntnisse
ausderkritischenRassismusforschungherangezogen,dieausderBefassung
mithistorischenodergegenwärtigenRassismengewonnenwurden,die (zu-
mindest in bestimmtenPhasen) explizit an die Kategorie ›Rasse‹ gebunden
waren.Der farbkodierte koloniale Rassismuswurde ebensowie der Antise-
mitismus(nichtimmer,aberauch)›rassisch‹begründet.Darinunterscheiden
sie sichvonAbwertungenbzw.DämonisierungenvonMuslimInnen,dieoh-
neReferenzaufdieKategorieRasseauskommen.Wennwirdaranfesthalten
wollen,diesePhänomenerassismustheoretischzuuntersuchen,müssenwir
alsoklären,warumwirüberhauptvonRassismussprechenkönnen,wenndie
Verandertengarnicht als ›Rassen‹ konstruiertwerden. Inderwissenschaft-
lichenLiteraturwerdendazu imWesentlichen zweiArgumentationsfiguren
bemüht.Dabeihandeltessich (1.)umdieTheoriederRassifizierungsowie (2.)
umdieThesedeskulturellenoderkulturalisiertenRassismus.
Yasemin Shooman stellt die Veranderung vonMuslimInnen als »Teil ei-
nessozialenVorgangs«dar,»derinderangelsächsischenRassismusforschung
mit demTerminus ›racialization‹ erfasstwird« (Shooman2014a: 64).Dieser
Begriff hat tatsächlich eine lange und komplizierte Geschichte (Barot/Bird
2001). YaseminShooman stützt sich hauptsächlich aufRobertMiles’ Ausar-
beitung des Begriffs, zudemberuft sie sich auf frühereÜbertragungen des
Konzepts insDeutschedurchMarkTerkessidisundMaureenMaishaEggers
(Miles 1992: 99-103; Terkessidis 2004; Eggers 2005). Shoomanbestimmtdas
Konzept wie folgt: »Aus einer dominanten gesellschaftlichen Position her-
aus werden [Musliminnen undMuslime] unabhängig von einem individu-
ellenGlaubensbekenntnisalseinehomogeneundquasi-natürlicheGruppein
binärerAnordnungzuweißenchristlichen/atheistischenDeutschenbzw.Eu-
ropäern konstruiert; eswird einWissenüber sie und ihrWesen alsGruppe
erzeugt […]undsie geltenanhandverschiedenerMerkmale als ›identifizier-
bar‹ (Shooman2014a: 64-65). »Rassifizierend« ist diesePraxis für Shooman,
weil inihr»derBegriffderKulturundihminhärentauchderBegriffderReli-
gion[…]eineähnlicheStellungein[nimmt]wiederbiologischeRasse-Begriff«
(Shooman2014a: 81). An anderer Stelle analysiert sieThilo SarrazinsThesen
indessenBestseller »Deutschlandschafft sichab«undkommtzumSchluss:
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Titel
- Im Namen der Emanzipation
- Untertitel
- Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Autor
- Benjamin Opratko
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 366
- Schlagwörter
- Rassismus, Österreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Kategorien
- Weiteres Belletristik