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überschwemmt werden (vgl. Hillman 2008). Diese Diskursstrategie wurde
vondenTories inden 1970er Jahren aufgegriffen, verfeinert und, soBarker,
zu einem ›NeuenRassismus‹ ausgearbeitet. Barker fasst ihn so zusammen:
»It is a theory that I shall call biological, or better, pseudo-biological cultu-
ralism.Nationson this viewarenotbuilt out ofpolitics andeconomics,but
outofhumannature. It is inourbiology,our instincts, todefendourwayof
life, traditionsandcustomsagainstoutsiders–notbecausetheyare inferior,
butbecause theyarepartofdifferent cultures« (Barker 1981: 23f.).Neu ist an
diesemRassismusalsodiespezifischeVerknüpfungvonBiologieundKultur.
Während in ›alten‹ Rassismenbehauptetwurde, vonphänotypischenMerk-
malenaufdie biologischeVerfasstheit unddamit kulturelle Fähigkeiten von
Menschengruppenschließenzukönnen,postuliertder›neue‹Rassismuseine
biologischeVeranlagungzumSchutzkollektiverLebensweisen,diedurchMi-
grationaus›fremdenKulturen‹bedrohtseien.NeuistzudemdieForm,inder
er vorgebrachtwird:Der neueRassismuswurdenicht alswissenschaftliche
Theorie ausgearbeitet, sondern spricht imNamendesgesundenMenschen-
verstands.Nichtsdestotrotz, soBarker, handle es sichumeinenRassismus,
der sich »versteckt hinter scheinbar unschuldiger Sprache« (Barker 1981: 3).
DieSprachederKulturwerdevonderpolitischenRechteneingesetzt,umdie
gesellschaftlichweitgehenddiskreditiertebiologistischeRassentheorie inei-
neneue,akzeptableFormzukleiden.
Eine ähnliche Beobachtung veranlasst EtienneBalibar einige Jahre spä-
terzurFeststellung,dasses inFrankreicheinen»Neo-Rassismus«gebe(Bali-
bar 1992b).BalibarentwickeltbeiMartinBarker,Pierre-AndréTaguieff (2001
[1987])undColletteGuillaumin(1995a[1981])angelegteArgumenteweiterund
stelltsie indenhistorischenKontextderEntkolonisierung.Andersals imKo-
lonialsystemhabederRassismusnunnichtmehrinersterLiniedieFunktion,
AusbeutungundUnterdrückungaußerhalbEuropaszulegitimieren,sondern
richtesichgegendieehemalskolonialenSubjekte,dienunalsMigrantInnen
inEuropaPräsenzbeanspruchen:»DerneueRassismusisteinRassismusder
Epocheder ›Entkolonialisierung‹, indersichdieBewegungsrichtungderBe-
völkerung zwischen den altenKolonien undden alten ›Mutterländern‹ um-
kehrtundsichzugleichdieAufspaltungderMenschheit innerhalbeinesein-
zigenpolitischenRaumesvollzieht« (Balibar 1992b:28;Hall 2000: 11).Balibar
identifiziert drei zentrale Charakteristika dieses neuen Rassismus. Erstens
handle es sich um einen »Rassismus ohne Rassen« (Balibar 1992b: 28), der
nichtmehrbiologistisch,sondernkulturalistischargumentiere,alsodasVer-
halten von Individuen auf derenZugehörigkeit zu einer einheitlich undge-
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Titel
- Im Namen der Emanzipation
- Untertitel
- Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Autor
- Benjamin Opratko
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 366
- Schlagwörter
- Rassismus, Österreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Kategorien
- Weiteres Belletristik