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Drittens schließlich legendieDarstellungenvonBarker,BalibarundHall
einehistorischeSequenznahe,diederÜbergangvonbiologistischemzukul-
turalistischemRassismusmarkiert.WiegesehenverorteninsbesondereBali-
barundHalldasAufkommendesKulturrassismus inderhistorischenPhase
derEntkolonisierung;zudemwirddieDelegitimierungderRassenlehrenach
demZweitenWeltkriegalshistorischeZäsurundBedingungfürdieVerschie-
bung von Rasse zu Kultur verstanden.Das beinhaltet ein ernsthaftes, aber
selteneingestandenesProblemfürdieTheoretisierungdesantimuslimischen
Rassismus.Denndienicht-biologistischeAbwertungundDämonisierungdes
Islam,daszeigtnichtzuletztdiekritischeAufarbeitungorientalistischerDis-
kurse,reichthistorischweit vordieShoahunddieEntkolonisierungzurück.
Wie könnendann aktuellewieweiter zurückliegende Formendes antimus-
limischen Rassismus erklärt und analysiert werden? Dies ist nurmöglich,
wenndasVerhältnisvon›Kultur‹und›Rasse‹ imRassismusanderskonzipiert
wirdalsindieserpopulärenDarstellung.WirfindenHinweiseaufeinesolche
Revision schonbeiBalibar selbst. In einembemerkenswertenExkurs relati-
vierterseineeigenehistorischeVerortungdesRassismusohneRasseninder
Epoche der Entkolonisierung: »Es hat immer schon einenRassismus gege-
ben für dender pseudobiologischeRassenbegriff keinwesentlicher Spring-
punktwar«, soBalibar, und »seinPrototyp ist derAntisemitismus« (Balibar
1992b:32).Diesersei inseinerEntstehungalsmodernerRassismusimZeital-
terderAufklärungbereits einkulturalistischerRassismusgewesen,der sich
ebennichtanphänotypischenMerkmalenfestmachenkonnte.DieseBemer-
kungwirdvonBalibarandieserStellenichtausgeführt.Sieweiterzuverfolgen
istabervongrößterBedeutung,willmandasKonzeptdesantimuslimischen
RassismusalsKulturrassismusnicht aufdieZeit seit den 1970er Jahrenein-
engen.SieverweistaufeinealternativeKonzeptiondesKulturrassismus,die
clusivesuperiority«(Stolcke1995:7).DavonunterscheidetsiejeneFormensozialerExklu-
sion,dieTaguieffundBalibaralsdifferentialistischenRassismusbeschriebenhaben.Die-
sekönntenkeinRassismussein,dasieebenkeinehierarchischeOrdnungderMenschen-
gruppenbehaupteten.Eshandlesichvielmehrum»kulturellenFundamentalismus«:»Cul-
tural fundamentalism,bycontrast, assumesasetof symmetric counterconcepts, thatof
theforeigner,thestranger,thealienasopposedtothenational,thecitizen[…].[i]nsteadof
orderingdifferentcultureshierarchically, cultural fundamentalismsegregatesthemspa-
tially,eachculture in itsplace« (Stolcke1995:7-8).StolckenimmtalsodieBehauptungen
desdifferentialistischenRassismusbeimWortundübersieht,wasBalibar»ohneSchwie-
rigkeitensichtbar«zuseinschien:DassdieHierarchisierung indieKonzeption inkompa-
tiblerKulturenstrukturelleingeschriebenist.
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Titel
- Im Namen der Emanzipation
- Untertitel
- Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Autor
- Benjamin Opratko
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 366
- Schlagwörter
- Rassismus, Österreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Kategorien
- Weiteres Belletristik