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120 ImNamenderEmanzipation
senschaftler JosephPugliesebeschreibtdenMeridionalismoso:»Thecultural
and political discourses that, post-unification, proceeded to represent a
binarized relation between North and South would increasingly assume
racializingandracistdimensions.Anentireschoolof intellectualsdevotedto
thestudyoftheSouth,asa ›question‹or ›problem‹tobeanalyzedandsolved,
was launchedwith the publication of Pasquale Villari’s LettereMeridionali
(1875)« (Pugliese2007: 35; vgl.Moe2006;Schneider 1998).Diesozioökonomi-
sche Schwäche und derMangel anwirtschaftlicher ›Entwicklung‹ war aber
nichtnurfürIntellektuelle,sondernauchfürweiteTeilederBevölkerungein
erklärungsbedürftigesPhänomen.DieitalienischenKommunistInnenmach-
ten das Abhängigkeits- und Ausbeutungsverhältnis zwischen der Industrie
des Nordens und dem agrarischen Süden dafür verantwortlich. Es gelang
ihnen jedoch nicht, diesen Zusammenhang so zu vermitteln, dass er im
Alltagsverstand derMehrheit dominant wurde. Stattdessen dominierte die
Behauptung des Zusammenhangs zwischen einer angeblichen biologischen
Minderwertigkeit der SüditalienerInnen und demElend, in dem sie leben
mussten.Die Ideologie stellte also einen kausalen Zusammenhang her, der
einrealesPhänomenplausibelerklärenkonnte.ZweitensführtGramscidiese
Plausibilitätdaraufzurück,dassdie IdeologiederMinderwertigkeit sichauf
eine lange Tradition von in der Folklore verankertenWissensbeständen be-
rufen konnte, sich zugleich aber die FormmodernsterWissenschaftlichkeit
gab.AlsBeispiel für ersterenennt erdieLegendevonder »neapolitanischen
Tagedieberei«. Dabei bezieht er sich auf die stereotype Figur der ›lazzari‹
oder ›lazzaroni‹, faule, aber glückliche Taugenichtse (Moe 2006: 61), die
zumindestseitderRenaissanceals»theveryemblemofnapoletanità«galten,
»of a city ›where nature excludes history, overwhelms it and forces it to
revert to a state of primitive happiness‹« (Moe 2006: 102). Zugleich nahm
dieBehauptungder »organischenUnfähigkeit«derBevölkerungdesSüdens
»in einer Zeit desWissenschaftsaberglaubens die Kraft ›wissenschaftlicher
Wahrheit‹ an«, sprach also imNamen einer höherenWissensordnung und
beanspruchte Objektivität. Diese Verwissenschaftlichung dermeridionalis-
tischen Ideologie wird von Gramsci auf die »Soziologen des Positivismus«
zurückgeführt.Namentlich nennt er hier AlfredoNiceforo,Giuseppe Sergi,
EnricoFerriundPaoloOrano.AnandererStelle ergänztGramscidenCesare
Lombrosos; siewerden fürdie »biologischeAuffassung vonderdenSüdita-
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Titel
- Im Namen der Emanzipation
- Untertitel
- Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Autor
- Benjamin Opratko
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 366
- Schlagwörter
- Rassismus, Österreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Kategorien
- Weiteres Belletristik