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sprechenHall et al. vonmugging als »Moralpanik« (»moral panic«), einBe-
griff,densie aus einer Jugendkultur-Studie vonStanleyCohenübernehmen
(Cohen 2011 [1972]). Cohen bezeichnete damit Perioden, in denen »[a] con-
dition, episode, person or group of persons emerges to become defined as
a threat to societal values and interests« (zit. inHall et al. 1978: 16). Kenn-
zeichnend für eineMoralpanik ist, dass sie als Symbol undSymptomeiner
»KrisedermoralischenOrdnung«definiert undwahrgenommenwird (Crit-
cher2013:393).Mugginghießnichtnur,dassJugendlichesichPortemonnaies
undArmbanduhrenihrerMitbürgermitGewaltundwiderrechtlichaneigne-
ten.EsstandvielmehrfüreineVerkettungverschiedenerThemen:Gefahrfür
›Recht undOrdnung‹,Verfall vonSittenund (sexueller)Moral,Verlust einer
imaginierten ›rassischen‹ undkulturellenHomogenität. ImZentrumdieser
Moralpaniksteht,alsVerursacherundVerkörperungderKrise,einekonstru-
ierte Figur,die, ebenfalls nachCohen, ›FolkDevil‹ genanntwird.AlsProjek-
tionsflächeund»bearerof all our social anxieties« ziehtderFolkDevil nicht
nur ZornundEmpörung auf sich.Er funktioniert, soHall und seineKolle-
gen,als SpiegelbildgesellschaftlicherMoral, er ist die »personificationof all
thepositive social images–only in reverse: blackonwhite« (Hall et al. 1978:
161-162).Der›mugger‹,soeinezentraleThesedesBuches,wareinsolcherFolk
Devil: jugendlich,entwurzelt,verdorbenund:Schwarz.
Rundumdenmugging-Diskurs identifizierendieAutoreneinenkonser-
vativen»cross-class consensusoncrime« (Hall et al. 1978: 139).Konservative,
aufRepressionundBestrafungsetzendepolitischePositionenfandenbreiten
gesellschaftlichen Anschluss und Eingang in den Alltagsverstand auch vie-
ler subalterner sozialerGruppen;derpolitischenRechtenwar es alsogelun-
gen,moralisch-intellektuelle Führung zu entwickeln, die – ausgehend vom
scheinbar randständigenThemader Straßenkriminalität – ein ganzesNetz
ideologischerBedeutungenundpolitischerPositionierungen indasVerspre-
chen vonRecht undOrdnung einwebt.DieAutoren erkennen inderWeise,
wie verschiedensteThemen–Kriminalität, Sexualität,Migration, ›Rasse‹ –
imAlltagsverstandverknüpftundzurLegitimierungrepressiverMaßnahmen
eingesetztwerden,eine»modificationinthemodesofhegemony«,hinzueinem
ModellderFührung,dasstärkeralszuvoraufeinen»authoritarianconsensus«
setzt (Halletal. 1978:217,Herv. i.O.).SieerkennendasHegemonieverhältnis
nenerhielten.DieseBriefewerdenvonHalletal.als»attheboundarybetween›private‹
and›public‹« indieStudieaufgenommen(Halletal. 1978:128).
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Titel
- Im Namen der Emanzipation
- Untertitel
- Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Autor
- Benjamin Opratko
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 366
- Schlagwörter
- Rassismus, Österreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Kategorien
- Weiteres Belletristik