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anhand vonRassismus als gesellschaftlichemVerhältnis gut illustriert wer-
den.DiesemVerständnisnach existiertRassismusals reale soziale Struktur
auchdann,wennniemand jemals ›denRassismus‹ sehen,hörenoder sonst-
wiewahrnehmenkann.WahrgenommenwerdendessenEffekte:Gewaltakte,
BeleidigungenoderDiskriminierungserfahrungen,Wahlergebnisse,Aufmär-
sche,statistischeDatenzumArbeits-oderWohnungsmarkt,Unterschiedein
dermedialenRepräsentationverschiedenerKörperoderBekleidungspraxen,
spezfischeBehandlungenaufÄmtern,anGrenzen,vorGerichtusw.usf.Da-
zu gehört auch die symbolische Aufwertung, die bestimmteMenschen für
sich inAnspruchnehmenkönnen, indemsie andere abwertenund/oderdä-
monisieren.JedesdieserEreignissekann,fürsichgenommen,jedochimmer
auch auf andere Ursachen zurückgeführt werden als auf Rassismus – und
nicht selten geschieht genau das, umdie Existenz von Rassismus zu leug-
nen.AufgabekritischerRassismusforschungistdann,plausibeldarzustellen,
dassRassismuseinerealeUrsachedieserPhänomeneistundalsgesellschaft-
lichesVerhältnisdenempirischwahrnehmbarenEreignissenzugrunde liegt.
Rassismusals gesellschaftlichesVerhältnis zubestimmtenheißt, ihnalsUr-
sachefüreineVielzahlgesellschaftlicherPhänomenezuidentifizieren,wobei
›Ursache‹ nicht imSinneeiner kausalenBeziehungzwischenzweiEreignis-
sen verstandenwird (›wennA, dannB‹), sondern,wie imAnschluss an die
Wissenschaftstheorie desKritischenRealismus formuliertwerdenkann, als
»VerhältniszwischeneinemEreignisunddenStrukturen,Verhältnissen,Me-
chanismenundFähigkeiten,dieesermöglichen«(Opratko2018:160;vgl.Püh-
retmayer2005).
DieseAufgabeübersetzt sich ineinmethodologischesProblem:WelcheEr-
eignisse,PhänomeneoderDatenziehe ichheran,umeineAussageüberdie
as« (Carter2000:88) reduziertundgeradenichtalsgesellschaftlicheStruktur imSinne
desKritischenRealismus versteht.Unddrittens, daCarter daraus schließtdassRassis-
mus–als rein»ideelle«oder »diskursiveRessource« (Carter2000: 144), imUnterschied
zumateriellenKlassenverhältnissen–nur existiert,wenner von »RassistInnen«einge-
setztwird:»racismisanecessaryconditionforthereproductionof›race‹,butclass-ismis
notanecessaryconditionforthereproductionofclass’. […]Racismrequiresracists; class
relationsdonot requireclass-ists.« (Carter2007:450).DieReproduktionvonRassismus
durchsubjektivnicht-oderantirassistischeAkteurInnenwirddamitaprioriausgeschlos-
sen.CarterstheoretischeDegradierungdesRassismuszumreinideellenFaktorübersetzt
sichhier in eineanalytischeKurzsichtigkeit und,wieDavidCamfield kritischanmerkt,
»opensthedoortoanunderestimationofracism’spolitical importance«(Camfield2016:
49).
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Titel
- Im Namen der Emanzipation
- Untertitel
- Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Autor
- Benjamin Opratko
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 366
- Schlagwörter
- Rassismus, Österreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Kategorien
- Weiteres Belletristik