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Zusammenhang prägnant so zusammen: »Frauenrechte, das ist das was
mich ammeisten trennt von der islamischenWelt, oder von großen Teilen
der islamischenWelt« (D1f). Nun kannmit Blick auf die unterschiedlichen
Verläufe der Kampfgeschichte feministischer Bewegungen konstatiert wer-
den, dass patriarchalen Strukturen an verschiedenenOrtenunterschiedlich
viel anEmanzipationundGleichberechtigungderGeschlechter abgerungen
werden konnte. Doch das erklärt weder, weshalb die Geschlechter- und
Sexualpolitik zu einem so dominantenThema in der muslimischen Frage
geworden ist, noch, weshalb sie sich überwiegend in einer abgrenzenden,
nicht in einer verbindendenHaltung äußert. Statt tatsächlicheDifferenzen
in der Durchsetzung feministischer Forderungen als Grundlage antimus-
limischer Diskurse anzunehmen, soll hier also im oben skizzierten Sinne
gefragt werden, was diese Aussagen über den Zustand des Eigenen, das
»prekäre Innen« (Dietze 2017: 21) verraten. Zu klären ist also warum, wie
PeterMorey undAminaYaqin schreiben, »[Islam’s supposed] backwardness
is exemplified in [Muslims’] treatment of women and control over their
sexuality« (Morey/Yaqin 2011: 177). In feministischen und queeren Analysen
wird diese Frage seit rund zehn Jahren prominent anhand zweier Begriff
diskutiert: »Homonationalismus« (Puar 2007, 2013; Ahmed 2011; El-Tayeb
2012; Haritaworn 2015; Petzen 2012) sowie, daran angelehnt, »Femonatio-
nalismus« (Farris 2011, 2012, 2017;Hark/Villa 2017) dienen zurBezeichnung
der Verstrickung bzw. Komplizenschaft feministischer, LGBT- und queer-
politischerDiskurseundAkteurInnenmitantimuslimischemRassismus(vgl.
Ҫetin 2014). Jasbir Puar entwickelte den Begriff des »Homonationalismus«
imRahmenihrerGenealogiepolitischer,kulturellerundökonomischerStra-
tegien,dieindenUSAbestimmte–›weiße‹, liberale,dieheterosexuelleNorm
nicht gefährdende–Varianten homosexueller Identitäten positiv besetzen,
ökonomisch verwertbarmachenund zumAusweis eines nationalen »sexual
exceptionalism«geraten lassen (Puar 2007).DieKonstruktionmuslimischer
Anderer als inhärent homophob biete nicht nur Grundlagen für paterna-
listische politische Praxen (»white queer (men) saving brown homosexuals
from brown heterosexuals«, Puar 2013: 35), sondern auch Rechtfertigung
für imperialistische Kriege im Namen sexualmoralischer Überlegenheit.
Diese These übertrugen AutorInnen wir Jin Haritaworn, Fatima El-Tayeb
oder Jennifer Petzen auf die Analyse europäischer Konjunkturen. Auch
wenn sie nicht direkt in imperialistische Kriege verstrickt sind, wirkten
homonationalistische Diskurse demnach etwa in deutschen, holländischen
und dänischen »Integrationsdebatten« (El-Tayeb 2012, 2015: 186-243; Ha-
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Titel
- Im Namen der Emanzipation
- Untertitel
- Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Autor
- Benjamin Opratko
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 366
- Schlagwörter
- Rassismus, Österreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Kategorien
- Weiteres Belletristik