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ist die Analyse terminologisch, konzeptuell und theoretisch im Paradigma
des farbcodierten Kolonialrassismus befangen. Was die Rassismusanaly-
se eigentlich zu leisten hätte, wird hier vorausgesetzt: Dass die sexuellen
und geschlechtlichen Zuschreibungen nicht nur rassistisch, sondern ›ras-
sifizierend‹ wirken und eine binäre Spaltung von ›weiß‹ und ›nicht-weiß‹
produzieren.GeradebeiEl-Tayeb,HaritawornundPetzen,die (auch) zuan-
timuslimischemRassismus inDeutschlandpublizieren, fällt dies besonders
insGewicht.Sie reproduzieren eine fürdieAnalysedesUS-amerikanischen
Rassismusundder ihnenzugrunde liegenden»racial formations« (Omi/Wi-
nant2014; vgl.Kapitel 3.5.4) entwickelteNomenklatur, inderdiedominante,
sich von der Figur des/der muslimischen Anderen abgrenzende Position
garnicht andersdennals ›weiß‹ bezeichnetwerdenkann (Haritawornet al.
2014: 65; El-Tayeb 2012; Petzen 2012).Das bedeutet nicht, dass farbkodierte
Rassismen,dieentlangderKategorie ›weiß‹und›nicht-weiß‹unterscheiden,
abwertenunddämonisieren, inDeutschlandoderÖsterreichnicht existier-
ten oder keineWirkmächtigkeit entfalteten. Doch ob und inwiefern durch
die rassistischeVeranderung vonMuslimInnen ein »mythicalwhiteEurope«
heraufbeschworen wird (Petzen 2012: 99; Herv. B.O.), müsste erst gezeigt
werden.Das leistendiehierbesprochenenArbeiten jedochnicht,weil siedie
dominantePosition imrassistischensozialenVerhältnisaxiomatischmitder
weißenPositiongleichsetzen.IndemMaterial,das fürdievorliegendeArbeit
untersucht wurde, war es jedoch nicht der Fall, dass, wie Petzen meint,
die Konstruktion des/der muslimischen Anderen »serves to naturalize the
whiteness of dominant gender and sexual politics« (Petzen 2012: 99; Herv.
B.O.). ›Whiteness‹ –Weißsein – spielte in den analysierten Aussagen kei-
ne Rolle. Auch wenn, wie in Kapitel 6.3 ausgeführt, die Temporalisierung
des/dermuslimischen Anderen als Re-Artikulation historizistischer Koloni-
alrassismengelesenwerdenkann,wird imInnenraumdeshierbehandelten
antimuslimischen Rassismus keinweißes Subjekt konstituiert, sondern ein
fortschrittliches, tolerantes, freiesundzivilisiertes–kurz: liberalesSubjekt.3
3 VondenhiergenanntenAutorInnennimmtnurFatimaEl-TayebdiesesProblemsystema-
tischinihreÜberlegungenauf.DaslässtsichanVerschiebungeninihremWerk,etwazwi-
schendenBüchern»AndersEuropäisch«(El-Tayeb2015[2011])und»Undeutsch«(El-Tayeb
2016), ablesen.Währendsiezunächstvonder»Rassifizierung«vonMuslimInnen im»sä-
kularenNordwesteuropa«auchdortausgeht,wennsiedieKonstruktionmuslimischerAn-
dereals»AbweichungenvonderdominantenNormeinesliberalen,fortschrittlichenKos-
mopolitismus«analysiert (El-Tayeb2015: 186-187), formuliert sie später vorsichtigerund
stärker vor demHintergrundder (Arbeits-)Migrationsgeschichte nachDeutschland (El-
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Titel
- Im Namen der Emanzipation
- Untertitel
- Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Autor
- Benjamin Opratko
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 366
- Schlagwörter
- Rassismus, Österreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Kategorien
- Weiteres Belletristik