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Der Migrationsforscher Vassilis Tsianos fasst diese Praktiken unter dem
Begriff des »postliberalen Rassismus« zusammen (Tsianos 2015; vgl. Tsia-
nos/Pieper 2011; Pieper et al. 2011), der als muslimisch gekennzeichnete
AkteurInnenunterGeneralverdacht stellt,
»und auf dieseWeise deren sonst unangreifbareNiederlassungsrechte in
DeutschlandundEuropainfragestellt. Indem›postliberalenRassismus‹se-
he ichdabei dieProduktivität eines antimuslimischenRassismus, derdar-
inbesteht,dieausderEinwanderungsgeschichteresultierendenNiederlas-
sungsrechte postnationaler Subjekte einzuschränken […].Diese illiberalen
Grenzziehungspolitiken(›reversiblecitizenship‹) sindzugleichalspostlibe-
raleGrenzenderDemokratiezuverstehen«(Tsianos2015:120-121)
Aus der hier dargelegten Perspektive der Kritik eines historizistischen an-
timuslimischenRassismuszeigendieBeispielederStaatsbürgerschafts-und
Fremdenrechtsreformen,wiedie›BehauptungderUngleichzeitigkeit‹,dieFi-
gurdesanachronistischen›Subjektsdesnoch-nicht‹unddiekonstruierte›Ge-
fahrdesRückfalls‹anderProduktionrassistischerAusschlüsseundderLegi-
timation vonPolitikenderMigrationsabwehr teilhat. Zuletzt soll dieser Zu-
sammenhanganhandeinerjüngerenMaßnahmeeinerösterreichischenBun-
desregierung–vonsozialdemokratischerSPÖundkonservativerÖVPgebil-
det – illustriert werden. 2016 beschloss die vomSozialdemokratenWerner
FaymanngeführteRegierung, eineObergrenze von 37.500Asylanträgenpro
Jahr inÖsterreich einzuführen.Obwohl dasVorhabenösterreichischen, eu-
ropäischenund internationalenBestimmungendesAsylrechtswidersprach,
konnte die Regierung auch in Teilen der liberalenMedienlandschaftUnter-
stützungfür ihrVorgehenfinden.SosprachensichzweiprominenteRedak-
teureder linksliberalenTageszeitung ›DerStandard‹ fürdienunmehr soge-
nannte ›Asylbremse‹ aus–undbezogen sichdabei auchaufDiskursmecha-
nismen,die imRahmender vorliegendenUntersuchunganalysiertwurden.
FürEricFrey,RedakteurundChefvomDienstderTageszeitung,erfülltedie
RegierungmitderAsylbremse»dieBedürfnisseeiner stillenMehrheit« (Frey
2016a,2016b).ErskizziertzweiPoleinderösterreichischenGesellschaft:»Die
einenwollendieGrenzen für alleMigranten schließenunddie imLandbe-
findlichenmöglichst rasch loswerden.Die anderen lehnen jede Einschrän-
kung des Asylrechts ab und wollen den Flüchtlingen das Lebenmöglichst
leichtmachen« (Frey2016b).DazwischensteheeineschweigendeMehrheit:
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Titel
- Im Namen der Emanzipation
- Untertitel
- Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Autor
- Benjamin Opratko
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 366
- Schlagwörter
- Rassismus, Österreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Kategorien
- Weiteres Belletristik