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Anton Kuh - Biographie
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51 bemerkungen mit, spricht sozusagen kursiv, vergißt manchmal ein Substantiv, das er schon in den vorausgehenden Epitheta verbraucht hat, doch liefert er’s im nächsten Satz nach. Zu Beifallsstürmen reißt Kuh sein Publikum hin, wenn er, der ein empfindliches Ohr für lokale Sprachfärbungen, individuelle Zungen- schläge und Sprachmasken hat, in seine scharfen und akzentuierten Sätze ganz unvermittelt und übergangslos zur Illustration einer Analyse Parodien hineinstellt, wenn er in blitzraschen Verwandlungen wie ein Schauspieler auftritt, der in einem Stück alle Rollen selbst bestreitet. Wenn er etwa im Vortrag »Warum haben wir kein Geld?« den Urahn der Rothschilds im Gespräch mit seinem Nachfahren auf die Bühne stellt, den knochentrockenen Urkapitalisten, der mit dem Verräter am Geld hadert, der nach »Kulturwerten« schielt. Oder im April 1933 unter dem Titel »Der Geist des Mittelalters oder Worüber man nicht sprechen darf«, ganz Sprachphysiognomiker, Schüsselbegriffe der Nazi- Propaganda wie »Umstellung«, »Synthese«, »Einstellung« oder »Raum« in ihrer heroischen Geschwollenheit zerpflückt und, den deutschen Rundfunk imitierend, »Weltgeschichte aus dem Bierkrügel« zum Besten gibt. Seine Zuhörer schaudert es, und sie schütteln sich gleichzeitig vor Lachen, wenn er den politischen Kundgebungen stimmlich Gestalt gibt. Ob er nun einen jesuitischen Polizeikommissär gibt, einen alten jüdischen Journalisten, einen blasierten Schauspieler oder einen besesse- nen Literaturjüngling, er kopiert diese Typen nicht, sondern versteht es, in ihre Haut zu schlüpfen. Und wenn er einen radotierenden Betrunke- nen gibt, der, den Hut im Nacken, beim achten Viertel hält und 1913 die dräuende politische, soziale und geistige Pleite vorauslallt, dann ist der Kerl »aus der Erde, die die Weinstöcke genährt, geformt, mit Fusel angefeuchtet, man spürt seinen alkoholischen Hauch, der uns wie aus einem Fasse entgegenschlägt und der Genius loci leuchtet im heiligen Feuer klassischer Ordinärheit.«42 Das Szenario der Kuhschen Performances ist karg. An Requisiten auf der Bühne: ein Tisch, ein Stuhl, auf dem Tisch  – ab Mitte der zwan- ziger Jahre  – eine Flasche Kognak, manchmal ein Glas dazu, das er sich ab und zu randvoll einschenkt. Kuh nimmt Platz, redet sich warm, kommt in Bewegung, steht auf, steht hinter dem Stuhl, gestikuliert, geht dann anderthalb, zwei Stunden herum, sprechend, ringend, die Worte aus den Gesten schöpfend, vom Tisch zu den Fußlichtern, von der Rampe zur Flasche zurück, in Abschweifungen, bisweilen stockend, dann wieder angetrieben von Einfällen. Immer wieder unterbrochen von spontanem Beifall, von Zeit zu Zeit ein Zwischenruf, der schlag- fertig pariert wird.
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Anton Kuh Biographie
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Anton Kuh
Untertitel
Biographie
Autor
Walter Schübler
Verlag
Wallstein Verlag
Ort
Göttingen
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-8353-3189-1
Abmessungen
13.8 x 22.2 cm
Seiten
576
Kategorie
Biographien
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