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Anton Kuh - Biographie
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112 Kuh attestiert Kraus aber auch  – Kehrseite des Selbsthasses  – ein ungemein feines Organ: »Er war der Meisterdetektiv des latenten Jüdelns im Weltraum. Wenn es auf dem Sirius mauschelte  – die Luft trug es ihm zu. Inzestmißwachs, Schachererotik, Krämpfe der Unnaivität, Über- redungstonfall und die Ursprache des Speisezimmers spürte er bis in die verborgenste Ecke der Zeit und hinter dem verwirrendsten Begebnis auf. Es war, als ob die Sphären ihn ewig mit demselben Singsang hän- selten. Und der Mond, der nächtlich hinter Busch und Tal aufging, fragte tückisch: Gehörst du nicht auch zu ihnen? Er mußte schreiben tagaus, tagein, anklagen aus Notwehr und das Lebenswerk eines unendlichen Plädoyers abspulen, dessen Faden mit jedem Zweifelswort und jeder Fragemiene nachwuchs. […] Zweifach ist noch heute die Front, nach der er sich ohne Rast beweisen muß: gegen die Nichtjuden, daß er als Ankläger die Ausnahme ist, und gegen die Juden, weil er von ihrer Kontrolle des Ertappens und Durchschauens fürchtet, daß sie sie, in Wort und Wendung selber stark und bloß von Tat und Glauben über- wältigt, duzbrüderlich auf sein eigenes Ertappen anwenden werden. Daher wiederholt er wie ein zwischen Grimm und Himmelsgelispel unschlüssiger Pfaffe bald inbrünstig, bald zeternd sein argumenten- gespicktes ›Credo‹. / O über den unglückseligen Amokläufer, des Wor- tes, der nie und nimmer stehen bleiben darf, weil die erste Sekunde des Stillstands die Gefahr birgt, daß er, von einem Erkenntnis-Herzschlag getroffen, in metaphysische Tiefen saust! Unglückselig? Wer ist glück- licher als er, der es nicht weiß? Er kann nichts hören, was ihn umwirft  – er hat Wortwatte in den Ohren; er kann nichts sehen, was ihn er- schrecken macht  – wartet ihm doch überall huldvoll das eigene Gesicht auf.«2 Kuhs im Vorabdruck getroffene Diagnose des Kraus-Jüngeltums wird umgehend und frappant bestätigt: Am Montag früh erscheint »Karl Kraus, der jüdische Advokat« mit der redaktionellen Vorbemerkung, daß Kraus »hier als jüdischer Geistestypus geschaut und zum erstenmal in seinem unheilvollen Einfluß auf die junge Generation beschrieben wird«  – am Dienstag berichten die Wiener Zeitungen von einem »litera- rischen Rencontre«:* Am Montag abend sitzt Anton Kuh im Arkaden- * Als die Meldung Berlin erreicht, ist aus der Anpöbelung gar ein Revolver- attentat geworden. Unter dem Titel »Literatur und Revolver« weiß der Berliner »Film-Kurier« vom 1. Feber 1921 zu berichten, daß Kuh von einem Anhänger Karl Kraus’ mit einem Revolver attackiert und die Waffe dem »jungen Enthusiasten« im letzten Augenblick, ehe ein Unheil geschehen konnte, aus der Hand geschlagen worden sei. In der Darstellung des »Neuen
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Anton Kuh Biographie
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Anton Kuh
Untertitel
Biographie
Autor
Walter Schübler
Verlag
Wallstein Verlag
Ort
Göttingen
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-8353-3189-1
Abmessungen
13.8 x 22.2 cm
Seiten
576
Kategorie
Biographien
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