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›Köchin aus Leitomischl‹ kann kein Maßstab sein für das Niveau unserer
Produktion! Döblin, Hauptmann, Kafka werden von ihr auch nicht ge-
lesen, sondern hundertfach Courths-Mahler, Stratz, Herzog
… Warum
verlangen wir vom guten Film Zuseherschaft von 30 Millionen? Ge-
nügen nicht 3 Millionen Europäer à 1 Mark? Jagt diese 3 Millionen
nicht aus dem Kino durch die 27 Millionen Köchinnen aus Leitomischl.
Schafft eigene Kinos für sie und uns!«62
Pabsts Optimismus in Ehren – aber … Die Wiener »Illustrierte
Film- und Kinorundschau« »Mein Film« veröffentlichte im Januar 1930
das Ergebnis ihrer Preisfrage »Welche Filme möchten Sie sehen?« mit
dem unmißverständlich appellativen Untertitel »Richtlinien für Film-
regisseure und Filmproduzenten!«. Bei den Zuschriften in Vers(en)
und Prosa rangiert eins ganz oben: »der Wunsch nach Heiterkeit und
Schönheit, die Sehnsucht, aus dem Kampf und den Sorgen des Alltags
fort zu ›lichteren Höhen‹ geführt zu werden«, wie der redaktionelle
Vorspann resümiert. Konkret wünscht sich etwa die Gewinnerin des
Hauptpreises, »Frl. Klärchen Schmidt« aus Sibiu / Hermannstadt, für die
der Film »des Menschen Märchenland« ist: »Bedankt sei er [der Film],
wenn er uns kündet, / Was man auf Erden, echt, so selten findet, / Die
Liebe, groß und wunderbar sei, wenn schon nicht im Leben, / Im Filme
uns gegeben!« Anny Stnost, Malerin aus Wien, mit dem dritten Preis
bedacht: »Nur Schönheit will ich im Film sehen! Nur Heiteres und
Herzerfreuendes. Etwas, woran man sich nach des Tages Mühen er-
bauen und aufrichten kann. Ich bestehe nicht auf ein happy-end, aber
in Schönheit soll jeder Film ausklingen. […] Alles, nur um Gottes
willen keine allzu realistischen Filme!« »Frl. Muz Topolansky« aus
Wien Währing, wie fünfzehn weitere Einsender mit einem Trostpreis,
zehn Künstlerpostkarten nämlich, bedacht: »Auch macht es mir ein
Hauptvergnügen, / Wenn sie zum Schluß sich endlich kriegen.« Und
»Frl.
Friedl Haefner«, aus dem 17. Wiener Gemeindebezirk: »Der Film
ist realistisch oft: bedenket, / Daß Unterhaltungssehnsucht uns zum
Kino lenket. / Das Paradies können im Film wir sehen, / Er läßt ein
Märchenlied vor uns erstehen. / Doch wenn des Filmes Wunderpracht
entschwindet, / Die Wirklichkeit man rauher noch empfindet. / Die
Kunst ist: für uns Stunden froh zu machen! / Mein lieber Film, wir
wollen lachen, lachen!«63
Richard Tauber hatte Besserung gelobt – und hatte zuviel verspro-
chen. Sein nächster Film, »Die große Attraktion« (der in Deutschland im
August 1931 anlief, in Österreich bereits Ende April 1931), angesiedelt
im Varietémilieu, mit einem szenischen Drumherum von der »Win
ter-
garten«-Bühne bis zum Luxushotel, vom Artisten-Café bis zum Eisen-
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Buch Anton Kuh - Biographie"
Anton Kuh
Biographie
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Anton Kuh
- Untertitel
- Biographie
- Autor
- Walter Schübler
- Verlag
- Wallstein Verlag
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8353-3189-1
- Abmessungen
- 13.8 x 22.2 cm
- Seiten
- 576
- Kategorie
- Biographien