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Anton Kuh - Biographie
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409 Hier erdichtet sich die gängige Schmähung Adolf Hitlers als »An- strei cher«* ein biographisches Substrat resp. verdichtet sie sich zum biographischen Substrat  – der »Führer« habe in jungen Jahren eine Maler- und Anstreicherlehre absolviert, und das im Sudetenland  –, das indessen Fiktion ist, wenn es auch immer wieder kolportiert wird. So zum Beispiel als dokumentarisches Einsprengsel in Karl Kraus’ »Drit- ter Walpurgisnacht« (geschrieben 1933) der Befund des »Tapezierer- meister[s] F. Židek in Olmütz«: »Da ich während der Probezeit fest- stellte, daß [Hitlers] Fachkenntnisse sehr stark hinter seiner rednerischen Begabung und Eloquenz nachhinkten, verlangte ich von ihm nicht mehr ein Personaldokument, sondern entließ ihn.«8 Und irgendwann in diesem Spätsommer fährt Kuh Friedrich Sieburg, ehemals Pariser Korrespondent der »Frankfurter Zeitung« und Autor des Erfolgsbuches »Gott in Frankreich?«, nunmehr Auslandsagent Goeb bels’, der bei einem internationalen Journalistenfrühstück »den deutschen Gewaltstandpunkt gegen Österreich verteidigt«, in die Parade. Er entgegnet »mit gewohnter geistiger Schärfe, aber, wie er selbst be- dauernd feststellte, in einem mühselig schwerfälligen Französisch, wobei er, zu Sieburg gewandt, die glänzende Formulierung fand: ›Ist es nicht ein Paradox, daß der Anwalt des Barbarentums hier das große Kultur- instrument der französischen Sprache vollkommen beherrscht und die edle Sprache mißbraucht, um in ihr die Gemeinheiten des Staates zu vertreten, dessen Dienstbote er in Paris ist?‹ / Sieburg wurde rot und versuchte, ironisch zu lächeln. Es sprach ja nur ein Literat mit Charak- ter gegen den Agenten ohne Skrupel. Es stand der besoldete Nazi, dem Devisen ins Ausland geschickt wurden, damit er einen Pariser Salon unterhalten konnte, dem armen Emigranten gegenüber, der für seine Gesinnung auch Opfer gebracht hatte.«9 * Im spöttischen Beinamen »Anstreicher« konvergieren zwei gängige Schmäh- Topoi: zum einen der des gescheiterten Kunstmalers, der sich zweimal  – im Herbst 1907 und 1908  – vergeblich um die Aufnahme in die Allgemeine Malerklasse der Akademie der bildenden Künste in Wien bewirbt und in den Jahren 1909 bis 1913 einen gut Teil seines Lebensunterhalts aus dem Verfertigen von Aquarellen nach Wiener Postkartenmotiven bestreitet (»Kleckser«); zum anderen jener der (leeren) Versprechungen von Politikern der Weimarer Republik aller Couleurs, das »Haus« von Grund auf zu er- neuern, die sich darin erschöpfen, es bloß neu anzustreichen (vgl dazu: Bert Brecht: Das Lied vom Anstreicher Hitler, 1933).  – Vgl. dazu: Günter Scholdt: »Anstreicher Hitler«. Zur Problematik politischer Polemik in der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus. In: Internationales Ar- chiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur, Bd. 10 (1985), S. 135-153.
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Anton Kuh Biographie
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Anton Kuh
Untertitel
Biographie
Autor
Walter Schübler
Verlag
Wallstein Verlag
Ort
Göttingen
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-8353-3189-1
Abmessungen
13.8 x 22.2 cm
Seiten
576
Kategorie
Biographien
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