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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
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ren Hierarchie wenig Ansehen und nur bedingt Mitspracherechte. Juristen und Mediziner rück- ten in Wien sogar mehr und mehr von der For- derung eines vorausgehenden unter jesuitischer Aufsicht absolvierten Magisteriums artium ab.33 Andererseits darf nicht übersehen werden, dass sowohl Jesuiten wie auch das Universitätskon- sistorium gleichermaßen vom Kaiser protegiert wurden. Dass eine solche Situation Konkurrenz und Profilierungsnöte, vielleicht aber auch In- novationsschübe entfachen würde, war zu er- warten. Einen immer wieder keimenden Konflikt bo- ten die Nobilitierungsverfahren: Seitdem Bil- dungs- und damit Elitenförderung für den Herr- scher an Attraktivität gewonnen hatte, war es durchaus üblich, Adelsprädikate auch an heraus- ragende Gelehrte zu verleihen.34 Doktoren der Medizin wie der Jurisprudenz wurden sogar mit der Polizeiordnung von 1671 der städtischen No- bilität gleichgestellt.35 Vor dem Hintergrund ei- ner Pädagogik, die ohnehin auf Wettbewerb und Belohnungssystem ausgelegt war36, bemühte sich auch der Jesuitenorden Adelsprivilegien zu verlei- hen und konnte – sicherlich nicht ohne Rücken- deckung des Kaisers – Erstaunliches durchsetzen.37 Es ist sicherlich kein Zufall, dass die Rekto- renporträts, die die hohe Abkunft ihrer Amts- träger so bedeutsam ins Bild setzen, in diesem Klima entstanden sind. Schon der „Prototyp“ des ersten Bildnisses, das Porträt des kaiserli- chen Leibarztes und wichtigen Beraters Rech- perger, gilt einem gebürtigen Adeligen. Vor ih- rer Universitätslaufbahn sind noch sechs weitere der dargestellten Rektoren dem Adelsstand zu- zurechnen. Manche der Bildnisse sind sicher- lich als Zeugnisse weiterer Standeserhebungen zu lesen: Neun der sechzehn Porträts erwähnen in der Inschrift den nobilitierenden Doktorti- tel und fünf davon präsentieren zusätzlich ein Adelswappen, darunter ein Domherr, zwei Or- densführer und die beiden in den Ritterstand aufgestiegenen Rektoren Blümer (Abb. 5a) und Schlittern (Abb. 5b). Insgesamt lassen sich neun Standeserhebungen oder Wappenbesserungen nachweisen.38 Nicht verwunderlich scheint vor diesem Hintergrund, dass die Bildlegende un- ter dem Porträt des Rektors Paul von Schlittern auch den ehrenvollen Empfang des neu gekrön- ten Kaisers 1712 mitteilt.39 Die meisten der Porträts der höher nobili- tierten Rektoren fallen in die beginnende Re- gierungszeit Karls VI. Mag sein, dass das Rek- torat zunehmend den Charakter einer sozialen Aufstiegschance und Karriereleiter in Ämter des Hofes gewonnen hat. Was die Bilder allerdings nicht zeigen, sind Rektoren in ihrer Tätigkeit als Forscher, Lehrer, Wissenschaftler. Das fällt umso mehr auf, als sich der mehrmalige Rek- tor und Abt Gottfried Bessel in seinem Rekto- renporträt außerhalb der Universität mit Glo- bus und Büchern darstellen ließ (Abb. 4b).40 Im Bilder der Magnifizenz 53 33 Mühlberger, Promotion und Adelsverleihung (zit. Anm. 6), S. 583. 34 M. Füssel, Ritus promotionis (zit. Anm. 10), S. 415. Die Verleihung akademischer Grade zählte zu den kaiserlichen Reservatrechten. Vgl. auch 300 Jahre Karl VI. 1711–1740. Spuren des letzten Habsburgers, Begleitbuch zur gleich- namigen Ausstellung im Österreichischen Staatsarchiv (hrsg. von S. Seitschek/H. Hutterer/G. Theiner), Wien 2011, S. 72. 35 UAW/CA 1.0.159 Recht der Universität auf Adelsverleihungen. Erwähnt wird darin, dass die Doktoren der Medizin und der Jurisprudenz in der Polizeiordnung Leopolds I. der städtischen Nobilität gleichgestellt werden. 36 Mühlberger, Promotion und Adelsverleihung (zit. Anm. 6), S. 607. 37 Ebenda, Anhang II, S. 616–622. 38 Vgl. K. F. von Frank, Standeserhebungen und Gnadenakte für das deutsche Reich und die Österreichischen Erb- lande, Bd. 1–5, Schloss Senftenegg 1967–1974. 39 „… anno 1712 rect. magnif. neo-coronatum … imp. Carolum VI. viennae reducem excepit.“ Vgl. Anm. 15. 40 Stift Göttweig, Inv.-Nr. 53: Das Gemälde (Öl/Lwd., 240 x 162 cm) ist datiert und signiert: Roman Helmshoysen 1716, und hängt heute über der Kaiserstiege, vgl. Abb. 4b.
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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
Titel
Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
Herausgeber
Ingeborg Schemper-Sparholz
Martin Engel
Andrea Mayr
Julia Rüdiger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
WIEN · KÖLN · WEIMAR
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20147-2
Abmessungen
18.5 x 26.0 cm
Seiten
428
Schlagwörter
Scholars‘ monument, portrait sculpture, pantheon, hall of honour, university, Denkmal, Ehrenhalle, Memoria, Gelehrtenmemoria, Pantheon, Epitaph, Gelehrtenporträt, Büste, Historismus, Universität
Kategorien
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